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01.07.2025 VDE dialog

Around the World

Ob Verbandsaktivitäten, Normungstätigkeiten, Test- und Prüfarbeiten oder Beratungsdienstleistungen: Aus dem einstigen „Verband deutscher Elektrotechniker“ ist eine internationale Organisation geworden, die vor allem eines will: Brücken bauen.

Von Martin Schmitz-Kuhl

Mehr als 100 Jahre lang stand das Kürzel VDE für „Verband Deutscher Elektrotechniker“. 1998 wurde entschieden, das Kürzel beizubehalten, sich jedoch künftig „Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik“ zu nennen. Damit sollte deutlich werden, dass der VDE nicht mehr ausschließlich die klassische Elektrotechnik vertritt, sondern thematisch wesentlich breiter aufgestellt ist. Wenig beachtet blieb bei der Namensdiskussion seinerzeit, dass sich der Verband zugleich auch leise von seiner nationalen Verortung verabschiedete – und das nicht ohne Grund. Zwar blieb der VDE ein deutscher „eingetragener Verein“, doch er begab sich auf den Weg, eine global tätige, international vernetzte Organisation zu werden. „Es gibt keine mir bekannten deutschen Verbände, die so international aufgestellt sind wie wir“, sagt Ansgar Hinz, Vorsitzender der VDE Gruppe. „Das gilt vor allem für den Business-Bereich mit seinen breit aufgestellten Einheiten, aber auch für unsere traditionelle Verbandstätigkeit.“

Das fängt bei den wissenschaftlichen Fachgesellschaften im VDE an, die längst nicht mehr nur auf nationaler Ebene agieren. Ein Beispiel ist die Energietechnische Gesellschaft im VDE (VDE ETG): Ihre Mitglieder engagieren sich in internationalen Normungsgremien der Internationalen Elektrotechnischen Kommission IEC und prägen damit globale Standards für die Energieinfrastruktur der Zukunft – von intelligenten Verteilnetzen bis hin zum Schienenverkehr. Fachveranstaltungen wie der ETG Kongress ziehen Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem europäischen und außereuropäischen Ausland an, während Kooperationen mit Forschungsinstitutionen und Unternehmen im Rahmen von EU-Förderprogrammen wie Horizon Europe das internationale Profil weiter schärfen. Mit der „International Conference on Integrated Power Electronics Systems“ (CIPS) hat der VDE zudem eine international anerkannte Leitkonferenz im Bereich Leistungselektronik etabliert. „Hier diskutieren Expertinnen und Experten nicht nur die neuesten Technologien“, betont ETG Geschäftsführer Dr. Ralf Petri, „sie stärken auch den Austausch und die Vernetzung über nationale Grenzen hinweg.“ Die ETG ist so ein fester Bestandteil der internationalen Energietechnik-Community und baut Brücken zwischen Fachwelten, Märkten und Visionen.

Auch über EUREL, die 1972 gegründete Dachorganisation der europäischen Verbände für Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik, baut der VDE Brücken über Ländergrenzen hinweg. Besonders für den Ingenieurnachwuchs, der in EUREL durch das Young Engineers Panel (YEP) vertreten wird. Als ein Gründungsmitglied engagiert sich der VDE von Beginn an dafür, jungen Ingenieurinnen und Ingenieuren den Blick über den nationalen Tellerrand zu ermöglichen. EUREL-Veranstaltungen wie der European Future Technology Summit, mehrtägige Exkursionen in EUREL-Mitgliedsländer oder europäische Innovationswettbewerbe fördern fachlichen Austausch und interkulturelle Kompetenzen sowie persönliche Netzwerke – eine wichtige Basis für die Zusammenarbeit und Freundschaft in Europa. „Uns geht es bei EUREL darum, eine Plattform anzubieten, auf der Innovation auf Chancen trifft und die nächste Generation von Ingenieurinnen und Ingenieure befähigt, zukünftige technologische Herausforderungen anzugehen und zu lösen. YEP ist nicht nur ein EUREL-Programm, es ist eine menschliche Bewegung in Richtung einer technologisch fortschrittlichen und nachhaltigen Zukunft“, erklärt Markus B. Jaeger, Global Head of Political Affairs beim VDE und seit 2019 Vorstandsvorsitzender von EUREL.

Florian Spiteller mit vier Kollegen bei der Einweihung des DKE Büros in Nanjing.

„Wir eröffnen nicht nur ein Büro, wir bauen eine Brücke“, sagte Florian Spiteller (2.v.l.), Mitglied der DKE Geschäftsleitung bei der Einweihung des neuen Büros in Nanjing, China, am 16. April 2025.

| IEC Promotion Center (Nanjing)

Am deutlichsten zeigt sich die Internationalisierung innerhalb des Verbands allerdings wohl in der Normungsarbeit. Die Zeiten, in denen sich ausschließlich deutsche Elektrotechniker darüber verständigten, wie die Anforderungen für die sichere Errichtung elektrischer Anlagen auszusehen haben, sind längst vorbei. Über 80 Prozent der hierzulande veröffentlichten elektrotechnischen Normen basieren heute auf europäischen oder internationalen Standards. Eine zentrale Rolle spielt dabei die 1970 gegründete Normungskommission DKE im VDE. Als deutsches Mitglied in den internationalen Normungsorganisationen IEC und dem europäischen Komitee CENELEC vertritt sie deutsche Interessen und gestaltet aktiv globale Normungsprozesse. „Ziel ist nicht der nationale Alleingang, sondern internationale Harmonisierung“, betont Florian Spiteller, Leiter des Bereichs External Relations & Support bei der DKE. Diese sei entscheidend, um technische Barrieren abzubauen und den freien Handel zu fördern.

Dabei sind Normen im globalisierten Handel weit mehr als technische Richtlinien – sie sind strategische Werkzeuge zur Markterschließung. „Nicht ohne Grund heißt es: ‚Wer die Norm hat, hat den Markt‘“, erklärt Spiteller. „Wenn es gelingt, nationale Anforderungen in internationale Normen einzubringen, verschafft das den eigenen Unternehmen automatisch einen Wettbewerbsvorteil. Umgekehrt können nationale Normen Märkte abschotten und den Zugang erschweren.“ Die DKE versteht sich dabei als neutrale Plattform, die Prozesse moderiert und deutsche Interessen im globalen Kontext vertritt. Ein aktuelles Beispiel für ihr internationales Engagement ist die Eröffnung eines neuen Büros in Nanjing, China, im April dieses Jahres. So positioniert sich die DKE als aktive Mitgestalterin der globalen Normungslandschaft – mit dem Ziel, europäischen und deutschen Standards weltweit Gehör zu verschaffen.

Besonders früh trieb auch das Prüf- und Zertifizierungsinstitut des VDE die internationale Präsenz voran – bereits in den späten 1980er-Jahren. Damals entstanden erste Auslandsbüros in Märkten wie Japan, Südkorea, Taiwan und Hongkong, die der Kundenbetreuung, Marktinformation und Koordination von Prüfprojekten dienten. Mit der Gründung der VDE Global Services – einer hundertprozentigen Tochter des Instituts – wurde der internationale Ausbau systematisch vorangetrieben. Ziel war es von Anfang an, Kunden in Asien und anderen Regionen ortsnahe Prüf- und Zertifizierungsdienstleistungen anzubieten, ohne dabei die hohen Qualitätsstandards des VDE Zeichens aufzugeben. Sven Öhrke, Geschäftsführer der VDE Global Services, beschreibt es so: „Im Prinzip machen wir weltweit das Gleiche wie das VDE Prüf- und Zertifizierungsinstitut in Offenbach – nur näher an den Kunden.“ Die finale Zertifizierung erfolgt weiterhin in Deutschland, was eine gleichbleibend hohe Qualität garantiert. Mit eigenen Laboren in China und Italien sowie Partnerlaboren in Taiwan und Japan hat sich ein internationales Netzwerk entwickelt, das Prüfprozesse dort ermöglicht, wo Produkte entstehen.

In den folgenden Jahren kamen weitere Tochtergesellschaften hinzu. 2013 wurden die VDE Americas gegründet. Sie etablierte sich schnell als wichtige Akteurin im nordamerikanischen Markt – besonders im Bereich Erneuerbare Energien. Ein Meilenstein war die Übernahme des Renewable Energy Test Center (RETC), das sich in der Solartechnologie als führender Dienstleister positioniert hat. Mit der jüngsten Akquisition des renommierten US-Prüflabors SolarPTL durch das RETC stärkt VDE Americas seine Präsenz weiter. Das fusionierte Unternehmen vereint umfassende Expertise in der Performance- und Qualitätsbewertung von Photovoltaiklösungen und positioniert sich als Innovationsführer für Prüf- und Zertifizierungsverfahren erneuerbarer Energiesysteme in Nordamerika.

2016 folgten die VDE Renewables. „Ziel war es, sich stärker kundenorientiert aufzustellen und das klassische Prüf- und Zertifizierungsgeschäft um internationale Beratungsleistungen zu erweitern“, erläutert Katja Münzer, die seit 2018 für die internationale Geschäftsentwicklung der VDE Gruppe verantwortlich und seit 2023 als Director Operation & Strategy bei den VDE Renewables tätig ist. Weltweit unterstützt das Unternehmen Projekte mit unabhängigen Prüfungen, Zertifizierungen und technischer Beratung – für sichere, bankfähige und nachhaltige Energielösungen. Denn wie bei der Elektrotechnik insgesamt gilt auch für die Energiewende: Wer sich auf Deutschland allein konzentriert, wird nicht weit kommen.

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Meinung: »Europa ist nicht genug«

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