Diesel-Truck, der schwarzen Qualm ausstößt

Diesel-Trucks, die schwarze Abgaswolken ausstoßen, soll es immer weniger geben - ganz im Sinne einer nachhaltigen Zukunft des Transportwesens. 

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01.10.2023 VDE dialog

Transport: Ausgebrummt

Schwere Nutzfahrzeuge sind für gut ein Viertel der CO2-Emissionen auf Europas Straßen verantwortlich. Nicht zuletzt, weil die EU dies verlangt, ist es unumgänglich, Lkw mit Alternativen zum Diesel zu tanken – auch wenn die Umstellung noch von vielen offenen Fragen begleitet wird.

Von Michael Neißendorfer

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Es brummt, das Geschäft mit alternativen Antrieben für die Transportlogistik. Besser: es surrt. Schließlich sind klimaneutrale Nutzfahrzeuge dank elektrischem Antrieb deutlich leiser unterwegs als klassische Diesel. Elektro-Lkw, sei es per Batterie oder mit Wasserstoff angetrieben, nehmen derzeit spürbar Fahrt auf. Die Einsicht von Herstellern wie auch Nutzern, dass ein „Weiter so“ aus Klimasicht nicht mehr vertretbar ist, ist da. Befeuert wird der Prozess von immer schärferen EU-Regeln für einen klimafreundlicheren Transportverkehr. Laut EU-Verordnung müssen die CO2-Emissionen von schweren Nutzfahrzeugen bis 2025 im Vergleich zu 2019 im Schnitt um 15 Prozent sinken – bis 2030 plant die EU-Kommission mit dem Gesetzespaket „Fit for 55“ eine Verringerung um 45 Prozent.

„Wir sehen, dass sich in der urbanen Logistik der batterieelektrische Antrieb durchsetzen dürfte“, sagt Dr. Ralf Petri, Leiter Mobility beim VDE. „Doch je schwerer die Fahrzeuge und je weiter die Strecken, also zum Beispiel bei Lkw, die quer durch Europa fahren, könnte die Wasserstoff-Brennstoffzelle eine Chance haben.“ Petri nutzt bewusst den Begriff „Chance“, wie er ergänzt, da die Entwicklung von Batterien derzeit sehr dynamisch erfolge und noch große Technologiesprünge in Aussicht seien. „Da ist noch sehr viel Potenzial nach oben“, sagt Petri. Am Ende entscheide gerade im kostensensiblen Straßengüterverkehr die Wirtschaftlichkeit darüber, welche Technologie sich durchsetzt. In der VDE Studie „Antriebsportfolio der Zukunft“ erklärten gut 30 Meinungsführer aus Politik und Wirtschaft ebenfalls, dass sie im Lkw-Bereich mit einem Antriebsmix rechnen: Mit der Batterie für Kurzstrecken, die Stadt sowie leichtere Nutzfahrzeugklassen und womöglich auch der Brennstoffzelle für Langstrecken und schwerere Fahrzeugklassen. Synthetische Kraftstoffe, auch E-Fuels genannt, könnten theoretisch ebenfalls dazu beitragen, den Schwerlastverkehr klimafreundlicher zu gestalten. Allerdings gilt diese Option in der Praxis nach aktueller Sachlage als unwahrscheinlich.

Porträtfoto von Dr. Katharina Göckeler,

»Wir gehen davon aus, dass der Großteil des Lkw-Verkehrs künftig batterieelektrisch abgewickelt wird.« Dr. Katharina Göckeler, Senior Researcher Ressourcen & Mobilität beim Öko-Institut

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„Es wird sehr deutlich elektrisch werden“, sagt Dr. Katharina Göckeler, Senior Researcher Ressourcen & Mobilität beim Öko-Institut. Sie und ihr Team haben im Sommer die Studie „Szenarien zur Elektrifizierung des Straßengüterverkehrs“ veröffentlicht, die im Rahmen des dreijährigen Forschungsprojektes StratES entstanden ist. „Unsere Szenarien für das Jahr 2030 zeigen sogar, dass batteriebetriebene Elektro-Lkw aufgrund ihres dann robusten Kostenvorteils auch auf der Langstrecke bevorzugt zum Einsatz kommen dürften. Wir gehen also davon aus, dass der Großteil des Lkw-Verkehrs künftig batterieelektrisch abgewickelt wird.“ Ob mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzellen-Lkw eine Chance haben, könne man heute noch nicht zuverlässig beantworten. „Der große Unsicherheitsfaktor ist der Wasserstoff-Preis“, erklärt Göckeler. „Unsere Studie zeigt: Der Preis für Wasserstoff, den man erreichen müsste, damit der Brennstoffzellen-Lkw in der Kostenrechnung zum Batterie-Lkw konkurrenzfähig ist, ist nur unter sehr optimistischen Annahmen erreichbar.“

Essenziell sei, darin sind sich Göckeler und Petri einig, schon jetzt damit zu beginnen, eine flächendeckende Ladeinfrastruktur für Elektro-Lkw aufzubauen: „Da sind viele Stakeholder gefordert“, sagt Petri: „Die Politik, die mit Gesetzen und Regeln die richtigen Rahmenbedingungen setzen muss; die Hersteller, die Fahrzeuge und Ladekonzepte entwickeln; und wir als VDE sind natürlich auch gefragt, die passenden Standards und Normen zu definieren.“ Noch stellt die mangelnde Verfügbarkeit an Lademöglichkeiten für E-Lkw einen Engpass dar. Der schleunigst beseitigt werden sollte – weil die Hersteller das Fahrzeugangebot sowie Produktion von Elektro-Lkw deutlich hochfahren.

Elektrotransporter für die letzte Meile, besonders gern genutzt in der Paketzustellung, gehören mittlerweile zum gewohnten Straßenbild. Nun surren auch immer mehr schwerere Elektro-Lkw auf die Straße. Der MAN eTruck etwa startet im kommenden Jahr als Serienprodukt, gut ein Jahr früher als ursprünglich geplant, wie der Hersteller betont. Ausgestattet mit einer nutzbaren Batteriekapazität bis zu 500 kWh sind Tagesreichweiten – inklusive kurzem Schnellladestopp – von etwa 800 Kilometern realistisch. Batterieversionen für höhere Tagesreichweiten bis 1000 km sind ebenfalls in Planung. Die Batteriepakete für seine Elektro-Lkw montiert MAN an seinem Standort in Nürnberg künftig selbst, die Fertigungskapazitäten sollen nach und nach auf mehr als 100.000 Batteriesysteme pro Jahr ausgebaut werden.

Transport: Der Lkw von morgen ist günstiger

 Markenloser generischer Konzept-Lkw. Autonomer Elektro-Lkw
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01.10.2023 VDE dialog

Dank politischer Förderung sind Elektro-Lkw schon heute genau so lohnenswert in der Anschaffung wie Diesel-Lkw – und in Zukunft sogar preiswerter.

Von Michael Neißendorfer

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„Unser Fokus liegt klar auf den batterieelektrischen Antrieben. Sie bilden die Grundlage für unsere schweren eTrucks, die wir ab Ende 2023 auf den Markt bringen“, sagte Alexander Vlaskamp, Vorstandsvorsitzender von MAN Truck & Bus, bei einer der ersten Präsentationen des Elektro-Lkw. „Parallel dazu entwickeln wir für ausgewählte Anwendungsbereiche auch Wasserstoffantriebe, sehen ausreichend grünen Wasserstoff und die entsprechende Infrastruktur aber als wesentliche Voraussetzung für den sinnvollen Einsatz von H2 im Lkw“, ergänzte er. Eine Testflotte mit fünf Brennstoffzellen-Lkw soll im Rahmen des bayerischen Förderprojektes „Bayernflotte“ 2025 in den Probebetrieb bei ausgewählten Transportunternehmen gehen.

Ausgereifte Technologie, die sich im Praxisbetrieb beweisen muss

Andere Hersteller erweitern ihr Angebot an Elektro-Lkw ebenfalls: Daimler Truck & Buses liefert bereits seit Anfang 2022 den eActros mit bis zu 400 Kilometern Reichweite aus, die Fernverkehrs-Version eActros LongHaul, ein 40-Tonner, folgt in diesem Herbst mit gut 500 Kilometern pro Akkuladung. Da bei etwa 60 Prozent aller Lkw-Fahrten weniger als 500 Kilometer zurückgelegt werden, müsste dieser E-Schwerlaster auf solchen Strecken nicht nachladen und somit das Depotladen ermöglichen, was auch günstiger wäre als das öffentliche Laden unterwegs. Vor allem Logistiker reißen sich um den eActros LongHaul, etwa Dachser, Hegelmann, Schenker und Tevex Logistics. Allein die vier Unternehmen haben bereits gut 250 Einheiten des Elektro-Lkw bestellt bzw. per Absichtserklärung reserviert.

Drei Typen E-Trucks von Daimler

Daimler Truck & Buses liefert seit Anfang 2022 den kompakten Mercedes-Benz eActros (links) mit einer Reichweite von bis zu 400 Kilometer aus. Der 40-Tonner eActros LongHaul (Mitte) folgt in diesem Herbst. Der GenH2 Truck (rechts) fährt mit Brennstoffzelle.

| © DAIMLER Truck AG

Auch einige weitere Hersteller vermelden eine positive Entwicklung bei E-Lkw: Volvo und Renault etwa haben allein im ersten Halbjahr 2023 fast 1500 Elektro-Lkw ausgeliefert, ein Plus von gut 250 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, für ebenso viele seien neue Bestellungen eingegangen. Und Iveco hat sich zwar jüngst von seinem Joint-Venture-Partner Nikola getrennt, der sich auf sein US-Geschäft mit Brennstoffzellen-Lkw konzentrieren will, setzt seine Elektro-Strategie aber fort: Bis zu 530 Kilometer weit soll der Heavy Duty BEV genannte und soeben präsentierte E-Lkw kommen. Auch ein Brennstoffzellen-Lkw von Iveco ist in Planung, beim Tech Day des Zulieferers Bosch war jüngst der Iveco Heavy Duty FCEV zu sehen.

 Ein noch relativ unbekannter Hersteller ist Volta Trucks, das einen 12- bzw. 16-Tonner speziell für den städtischen Liefer- und Verteilverkehr entwickelt hat. Der Volta Zero genannte E-Lkw wird seit einigen Monaten in Österreich beim Auftragsfertiger Steyr montiert. Der Bekanntheitsgrad von Volta dürfte bald deutlich steigen: Allein Schenker hat bereits 1500 Volta Zero reserviert.

Da die Technologie zwar schon ausgereift ist, aber noch vergleichsweise neu, kommt es im praktischen Betrieb hier und da noch zu Verwerfungen. Das recht hohe Gewicht der Batterien etwa bringt Nachteile bei der Nutzlast. Die EU-Kommission plant deshalb, das zulässige Höchstgewicht für Lkw mit emissionsfreien Antrieben zu erhöhen.

Probleme im Alltagsbetrieb schnell klären

Entscheidend wird in naher Zukunft sein, dass der Aufbau der Ladeinfrastruktur schnell genug erfolgt. Eine Henne-Ei-Situation darf gar nicht erst aufkommen, so der Tenor in der Branche. „Was wir jetzt ganz schnell brauchen, ist ein öffentliches Ladenetz“, sagt Katharina Göckeler vom Öko-Institut, „denn Batterie-Lkw werden kommen. Bei allen anderen Antrieben gibt es noch Unsicherheiten“. Auch die Hersteller gehen in Vorleistung und bauen Ladeinfrastruktur zum Teil in Eigenregie auf. Sie weisen allerdings darauf hin, dass schon heute Lkw-Stellplätze an Raststätten knapp sind. Dort jetzt auch noch Stellplätze für E-Lkw freizuhalten, werde vielerorts schwer möglich sein. Für zusätzliche Stellflächen müssten Raststätten um- oder neu gebaut werden. Hinzu kommt der zusätzliche Strombedarf der energiehungrigen Schwertransporter, der im Netzanschluss der Raststätte sowie vom lokalen Netzbetreiber eingeplant werden muss – was vielerorts noch nicht der Fall ist.


Michael Neißendorfer schreibt als freier Journalist in München über nachhaltige Mobilität und Elektrofahrzeuge.

Transport: Europa forciert den Ausbau der Ladeinfrastruktur

Tankstelle für E-Lkw

Tankstelle für E-Lkw

| © Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur
01.10.2023 VDE dialog

Entlang der Hauptrouten in Europa alle 60 Kilometer eine Lademöglichkeit für Elektro-Lkw mit mindestens 350 kW Ladeleistung bis 2025; und alle 200 Kilometer eine Wasserstofftankstelle bis 2030: Vor wenigen Wochen haben EU-Parlament und -Rat die Regeln für den Ausbau von Ladeinfrastruktur und Wasserstoff-Tankstellen für schwere Lkw verabschiedet. Die Staaten sind nun unter Druck, diese Lade- und Betankungskapazitäten auch bereitzustellen.

Von Michael Neißendorfer

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Konferenz: Wie unsere Mobilität elektrisch wird

Mobility-Hintergrund
VDE
01.10.2023 VDE dialog

Gut zwei Dutzend Speaker aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zeigen auf der VDE E-Mobility Conference 2023 Wege auf, wie die Antriebswende gelingt.

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