Die deutsche Gründerszene wurde in den vergangenen Jahren oft gescholten. Es gäbe zu wenige Ideen, zu wenig Mut zum Risiko, zu wenig Startkapital. In China und den USA sei man sehr viel risikobereiter, heißt es allenthalben: "Man denke nur an das Silicon Valley." Aktuelle Zahlen scheinen die deutsche Zaghaftigkeit in Sachen Start-ups zu bestätigen. Unter den weltweit etwa 500 Start-up-Unternehmen, die mehr als eine Milliarde Dollar wert sind, finden sich nur knapp zehn deutsche Firmen, so eine Liste des chinesischen Magazins Hurun.
Ein Blick in den Gründungsmonitor der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zeigt, dass sich die Zahl der Existenzgründungen seit Anfang der 2000er-Jahre mehr als halbiert hat. Fehlt es in Deutschland an Gründerwillen? Prof. Dr. Klaus Fichter winkt ab: "Wir haben in Deutschland definitiv kein Gründungsproblem", sagt der Leiter des Berliner Borderstep Instituts für Innovation und Nachhaltigkeit. Die Zahl der Gründungen habe abgenommen, weil der Arbeitsmarkt viele interessante Jobs böte – und viele Menschen das sichere Angestelltenverhältnis bevorzugten. "Viel wichtiger ist, dass die jungen Leute heute gründen, weil sie für ihre Idee ein interessantes Geschäftsmodell sehen, und nicht etwa, weil sie aus der Not heraus gründen müssen."
Vor allem zwei Themen beherrschten heute die Gründerszene: die Nachhaltigkeit und die grünen Technologien. Nach der Digitalisierung seien diese seit wenigen Jahren der Megatrend. "Die sichere Wasserversorgung der Weltbevölkerung, die erneuerbaren Energien, das Recycling und die Kreislaufwirtschaft sind die großen Themen", sagt Fichter. Der Bedarf an grünen Produkten wachse und damit auch der Druck auf die Industrie, entsprechende Lösungen anzubieten.
"Beim Thema Nachhaltigkeit geht es nicht mehr um die Frage, ob wir die Welt retten wollen, sondern um eine fundamental veränderte Form des Wirtschaftens. Nachhaltigkeit ist für Unternehmen heute ein entscheidender Wettbewerbs- und Erfolgsfaktor. Die jungen Menschen, die heute gründen, haben das verstanden."