62.000 Halbleiterexpertinnen und Experten fehlen nach Schätzungen des IW Köln in Deutschland, in Europa sind es sogar 350.000. Ein relevanter Teil davon entfällt auf all diejenigen, die sich ganz am Anfang der Wertschöpfungskette um die winzigen Bauteile kümmern: Chipdesignerinnen und Chipdesigner. Zeit also, um die Wege in das Berufsfeld vorzustellen.
Weg 1: Das Studium – klassisch, dual oder mit Traineeship
„Das Studium ist der einfachste Weg“, sagt Heiko Schöfer, Ausbildungsleiter beim Chipfabrikanten Infineon. Er betreut das Education Network im Unternehmen, das sich mit der Sicherung von Fachkräften von der Schulaktion bis hin zum dualen Studium beschäftigt. Durchs Vorlesungsverzeichnis blättern und sich für ein Angebot entscheiden – so einfach ist es im Chipentwurf aber nicht: Dedizierte Studiengänge mit dem Namen „Chipdesign“ sucht man an den Universitäten weitgehend vergeblich. Das weiß auch Prof. Dr. Norbert Wehn, selbst Hochschullehrer an der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) und Sprecher der Initiative Chipdesgin Germany. „Wir möchten die Sichtbarkeit des Chipdesigns erhöhen“, sagt er. Wer derzeit den Weg ins Berufsfeld anstrebt, der geht im Normalfall den Weg über klassische Studiengänge wie Elektrotechnik, Embedded Systems, Informatik oder Mikroelektronik. Die im Studium vermittelten Inhalte sind dann meist Grundlage für die weitere Beschäftigung mit Chipdesign im Arbeitsleben.
Die neue Aufmerksamkeit für Chipdesign trägt aber auch an den Hochschulen erste Früchte: Die Technische Universität München (TUM) bietet etwa den Masterstudiengang „Microelectronics and Chip Design“ an, der unter anderem die Entwicklung und den Entwurf moderner Chips zum Inhalt hat. Die TU Chemnitz bietet den Masterstudiengang „Design and Test for Integrated Circuits“. Norbert Wehn sieht die Universitätslandschaft derzeit im Umbruch: „Es werden immer mehr Professuren zu Chipdesign ausgeschrieben.“ Damit dürfte sich Chipdesign in den kommenden Jahren deutlich stärker im Studienangebot niederschlagen.
Wer auf der Suche nach Praxis schon während des Studiums ist, für den kommt ein duales Studium infrage. Der TUM-Master ist auch in Kooperation mit einem Industriepartner möglich. Gute Erfahrungen mit dualen Studiengängen hat Infineon gemacht. Die Firma bietet an fünf Standorten mehrere Programme an – wobei der Weg ins Chipdesign auch dann meist über artverwandte Fächer wie Elektrotechnik oder Embedded Systems geht.
Wer das Studium erfolgreich abgeschlossen hat, dem stehen die Türen in der Mikroelektronik weit offen. Aufgrund der Komplexität des Chipdesigns ist für dieses spezielle Tätigkeitsfeld aber häufig noch eine Zusatzqualifikation nötig. Nach Erfahrungen aus der Industrie dauert es teils eineinhalb Jahre, bis Absolventinnen und Absolventen eigenständig als Chipdesigner und -designerinnen arbeiten können.
Aus diesem Grund bildet das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS in Erlangen Chipdesignerinnen und -designer im „Bayerischen Chip-Design-Center“ (BCDC) aus. Im sechsmonatigen Kurs „Applied Chip Design“ vermittelt das BCDC Menschen wie Lakshmi Meka das Rüstzeug für Chipdesign – und verkürzt die Anlernzeit damit deutlich. Nach einem Master in Information and Communication Engineering entschied sich die junge Ingenieurin Meka für eine Spezialisierung im analogen Chipdesign. Dort hat sie relevante Design-Softwares kennengelernt, Layouts entworfen, aber auch eigene Projekte umgesetzt. „Die Idee ist es, den gesamten Designprozess abzubilden“, erklärt Thomas Bellingrath, Kompetenzfeldleiter ICs für Sensor-Systeme am Fraunhofer IIS.
Die Teilnehmenden lernen alles rund um die Spezifikation, Schaltplanerstellung, Simulation, und das Layout bis hin zur Formalverifikation der Layout-Datei für die anschließende Fertigung in der Chipfabrik.. Im Fokus steht für Bellingrath dabei die realitätsnahe Arbeit, wie sie die Absolventinnen und Absolventinnen nach der Ausbildung erwartet. Für Lakshmi Meka hat sich die Teilnahme am Programm gelohnt, sie freut sich über den individuellen und tiefen Einblick in das Berufsfeld.
Während das Traineeship angestellt am Fraunhofer IIS stattfindet, bietet das Institut auch Qualifizierungskurse für die Mitarbeitenden von Unternehmen in der Halbleiterbranche an, darunter analoges IC-Design, Test & Validation sowie System Engineering für Chiplet-Heterointegration.