München geht mutig voran. Wenn alles klappt wie gedacht, nehmen die hiesigen Stadtwerke (SWM) bis spätestens 2030 den „mit Abstand längsten Hochtemperatur-Supraleiter der Welt“ in Betrieb. Geplant ist ein 15 Kilometer langes Kabel vom Hauptumspannwerk Menzing bis in den Stadtbezirk Sendling. Im Oktober 2024 wurde in Menzing bereits ein Prototyp in Betrieb genommen. Das Ziel des Projekts mit dem Namen Superlink: die Ersparnis von Millionen Kilowattstunden Strom. „Wenn wir damit erfolgreich sind, kann das für Städte weltweit ein Beispiel sein. Denn alle stehen vor der gleichen Herausforderung: dem stetig wachsenden Energiehunger“, sagt Helge-Uve Braun, Technischer Geschäftsführer der Stadtwerke München.
Hinter den großen Hoffnungen steckt eine Technologie, die Ingenieure, Techniker und Forschende gleichermaßen beschäftigt. Supraleiter haben die Eigenschaft, dass Energie durch sie hindurch ohne Verluste transportiert werden kann. Üblicherweise eingesetzte Kabel für die Stromversorgung, die etwa aus Kupfer sind, produzieren einen Energieverlust von sechs bis sieben Prozent. Angesichts der gewaltigen Mengen Strom, die minütlich verbraucht werden, ein Verlust, der nicht gerade leicht zu verschmerzen ist.
Bereits vor mehr als 100 Jahren fand der niederländische Physiker Kamerlingh Onnes heraus, dass der elektrische Widerstand von Quecksilber unter Umständen verschwindet, und entdeckte so die Supraleitung. Allerdings muss man supraleitende Materialien – auch Blei gehört dazu – bis fast zum absoluten Temperaturnullpunkt von null Kelvin herunterkühlen. Die benötigte Temperatur liegt auf der Celsius-Skala ausgedrückt bei etwa minus 269 Grad. Onnes schaffte das mit flüssigem Helium. Der Hintergrund: Bei null Kelvin kommen physikalische Teilchen zum Stillstand und alle Unordnung verschwindet und damit auch der Widerstand in supraleitenden Materialien. Da solch eine Kühlung extrem aufwendig ist und viel Energie verbraucht, sind Supraleiter nicht alltagstauglich.
Um eine solche Tauglichkeit zu erreichen, drehen etliche Forschungsprojekte sich seither darum, die benötigte Temperatur zu erhöhen – je weniger kalt Supraleiter sein müssen, um zu funktionieren, desto einfacher gelingt es, desto mehr Einsatzmöglichkeiten gibt es.