Die Menge des Elektroschrotts, der jährlich in Deutschland gesammelt wird, ist gigantisch. Zuletzt waren es über eine Million Tonnen Elektronikaltgeräte, die auf dem Müll landeten.
Dass das viel mehr als nötig ist, davon ist Wolfgang Klenner überzeugt. Der Elektroingenieur, der sein Berufsleben in der Telekommunikationstechnologie verbracht hat, ist einer von Tausenden, die sich in Deutschland in Reparaturinitiativen engagieren. Deren erklärtes Ziel: Instand setzen statt Entsorgen. In gemeinschaftlicher Atmosphäre und nichtkommerziell. Wolfgang Klenner steht voll hinter der Idee („Wir können mit unserer Wegwerfmentalität so nicht weitermachen“) und setzt sich dafür ein im Repaircafé Ditzingen. In dem Ort bei Stuttgart wird in den Werkräumen einer Gemeinschaftsschule seit 2015 repariert, jüngst hat man den zweitausendsten Besucher (mit seinem defekten Drucker) willkommen geheißen.
Die Mühe lohnt sich. Das Netzwerk Reparatur-Initiativen, in dem nach eigenen Angaben mehr als 1500 Repaircafés, -bars und -treffs organisiert sind, führt eine Statistik über gemeldete Reparaturen. Demnach hat die Reparatur von mehr als 13.000 Geräten eine Umweltentlastung von 148 Tonnen CO2 bewirkt – das entspricht der Menge, die ausgestoßen würde, wenn ein Flugzeug 17 Mal um den Äquator fliegt. Ziel sei es, „Müll zu vermeiden, Ressourcen zu sparen, damit die Umwelt zu schonen und nachhaltige Lebensweisen in der Praxis zu erproben.“ Getragen würden die Veranstaltungen „von ehrenamtlich engagierten HelferInnen und Reparierenden, die ihr Wissen und Können freiwillig und unentgeltlich zur Verfügung stellen, weil sie Interesse an Technik, Selbermachen und Werken haben.“
Klenner, der viele Jahre auch in der DKE ehrenamtlich aktiv war, hat nach dem Ende seines Berufslebens in Ditzingen schnell eine neue Aufgabe gefunden, bei der er seine handwerklichen Fähigkeiten und sein technisches Know-how gut einsetzen kann. 25 aktive Mitglieder hat die Gruppe vom Repaircafé – die meisten sind Elektroingenieure oder Elektrohandwerker im Ruhestand, zwei Helferinnen kümmern sich um Organisatorisches und die Verpflegung.
Zum Instandsetzen reichen oft einfaches Werkzeug und etwas Mut
Denn wenn an jedem zweiten Donnerstag im Monat das Repaircafé die Pforten öffnet, kommen die Besucher nicht nur, um einen kostenlosen Reparaturservice in Anspruch zu nehmen – es wird gemeinsam an der Lösung der für die Experten oft recht simplen technischen Probleme gearbeitet. Dazu gibt es Kaffee und Kuchen. „Unser Ziel ist Hilfe zur Selbsthilfe“, sagt Klenner. Er will beweisen, dass man vieles, was plötzlich nicht mehr geht, reparieren kann. Bei älteren Menschen kommt das Prinzip schon immer an. Aber: „Nach und nach merken auch immer mehr Jüngere: Nur weil etwas kaputt ist, muss es nicht gleich weg.“ Typische Bruchstellen sind, so Klenner, ausgebrochene Ladebuchsen, defekte Lötstellen oder verklemmte Schalter. Die Hälfte der Geräte, die im Repaircafé Ditzingen ankommen, sind Multimediageräte, der Rest überwiegend aus Haus, Garten und Büro. „Viele kommen, weil der Drucker nicht mehr druckt“, sagt Klenner. „Da ist dann ein Auffangbehälter für Tinte vollgelaufen. Der Drucker sendet eine Fehlermeldung und arbeitet nicht mehr.“ Dabei müsse man eigentlich nur den Behälter leeren und den Seitenzähler zurücksetzen – was ein Laie aber nicht ohne Weiteres kann. „Es wird dem Verbraucher schwer gemacht“, kritisiert Klenner. Oft seien Gebrauchsgegenstände schon schlecht konstruiert. Beispiel Staubsauger: Wird das Kabel mit der automatischen Aufwicklung eingezogen, kracht der Netzstecker immer wieder gegen das Gehäuse. Irgendwann lösen sich Drähte – das Gerät saugt nicht mehr. „Da muss sich grundlegend etwas ändern“, findet Klenner.
Wichtig ist ihm, dass das Repaircafé nicht in Konkurrenz zum örtlichen Handwerk steht oder diesem gar die Kundschaft abwirbt. „Im Gegenteil“, sagt Klenner. Es sei ein Miteinander. Der ansässige Radio- und Fernsehtechniker schicke von sich aus Leute ins Repaircafé, „weil er zum Beispiel VHS-Rekorder gar nicht mehr wirtschaftlich lohnend reparieren kann“. Die Arbeit von Klenner und den weiteren ehrenamtlichen Reparateuren ist kostenlos. Kleinere Ersatzteile wie Sicherungen gibt´s geschenkt. Sind teurere Ersatzteile nötig, bezahlt der Besucher. Darüber hinaus wird um Spenden gebeten. Dafür bekommen die Besucher für ihre Elektrogeräte eine Sicherheitsprüfung nach VDE Norm 0701. „Alles, was 230 Volt hat, wird geprüft und dokumentiert“, sagt Klenner. Das Repaircafé hat dafür eigens ein spezielles Messgerät angeschafft und ist somit besonders professionell aufgestellt.