Herr Hasse, muss eine Smart City heutzutage zwangsläufig auch eine klimaresistente Stadt sein?
Jens Hasse: Ich denke, das ist unabdingbar. Insbesondere gilt das natürlich dann, wenn man smart in seiner ursprünglichen Bedeutung von "schlau", "clever" und "intelligent" versteht. Denn eine Stadt muss sich natürlich auf jeden Fall mit der Zukunft beschäftigen und vorausschauend sein, insbesondere, was klimatische Änderungen und Extremwetterereignisse angeht. Aber selbst was den technischen und digitalen Aspekt von smart bzw. Smart City betrifft, gibt es viele Berührungspunkte.
Inwiefern?
Hasse: Digitale Lösungen sind natürlich nicht nur für eine gute Straßenbeleuchtung oder für die Energieversorgung gut. Wenn wir diese Technologien und die Infrastruktur dazu schon haben, können wir sie auch für andere Services wie die Klimavorsorge einsetzen. Sobald Sie beispielsweise einen Sensor für das Parkraum-Management haben, kann man den auch erweitern oder zumindest die Leitungen beispielsweise für die Messung von aktuellen lokalen Wetter- und Klimadaten einsetzen. Denn exakte lokale Daten gekoppelt mit genauen Vorhersagen können sehr wichtig sein, um auf Extremwetterereignisse zu reagieren.
Zum Beispiel, um Flutkatastrophen zu verhindern?
Hasse: Genau. Wir haben inzwischen eigentlich gelernt, dass bloßes Ableiten von Regenwasser keine gute Lösung ist. Denn der abfließende Niederschlag – das zeigte sich im Ahrtal. aber auch genauso in Städten wie 2017 in Goslar –, sammelt sich, wird immer mehr und schneller und lässt sich dann nicht mehr auffangen oder lenken. Deshalb brauchen wir intelligente Systeme überall in Einzugsgebieten von Flüssen, Bächen, aber auch höher gelegenen Siedlungsgebieten, die frühzeitig und "smart" erkennen, welches Wasser wann wohin geleitet und zwischengespeichert werden kann. Dann müssen eben zum Beispiel vorab Zisternen und Rückhaltebecken kontrolliert geleert werden, damit sie dann in solchen Fällen mehr Wasser aufnehmen können. Aber auch die Dächer könnten hier eine Rolle spielen. Stichwort: Smart Roofs.
Was ist an diesen Dächern smart?
Hasse: Die "Blau-Grünen" Dächer, also begrünte Dächer, die auch Regenwasser zurückhalten können, werden mit einem Sensorsystem ausgestattet, mit dem Netzwerk für den ganzen Stadtteil verbunden und können so entsprechend der aktuellen Wetterlage und Vorhersage automatisch oder sogar aktiv gesteuert werden. Sie sind so in der Lage, überschüssiges Regenwasser zu speichern und die Häuser und Stadtviertel vor den Auswirkungen sehr starker Regenereignisse, aber auch vor Hitze und Dürre zu schützen, indem sie Wasser zur Kühlung und zur Bewässerung von Pflanzen und Bäumen bereitstellen. Und das alles weitgehend automatisiert, sodass es eben nicht mehr menschlicher Planung und Steuerung bedarf. All solche Lösungen gibt es schon, beispielsweise in der Landwirtschaft oder im "Smart Gardening"-Bereich, damit verbunden ist aber natürlich ein gewisser Investitionsaufwand seitens der Gebäudeeigentümer und der Kommunen bzw. von deren Stadtentwässerungen, der zum Teil die Berührungsängste gegenüber solchen technologischen Lösungen erklärt.