Zukunftstage und Girls’Day: Mädchen zeigen, was Elektrotechnik ist
Doch wie können diese Potenziale auch zu den Schülerinnen durchdringen, die nach dem Abitur ihr Studium oder ihren Berufsweg wählen? „Girls’Days funktionieren, reichen aber nicht aus“, weiß Maya Götz. „Unternehmen und Organisationen sollten regelmäßige Zukunftstage und beispielsweise Stationen anbieten, wo Schülerinnen gemeinsam mit Studentinnen Lösungen erarbeiten können. Unsere Evaluation zeigt: Die Hälfte der Teilnehmerinnen konnte sich nach dem Girls’Day vorstellen, Elektrotechnik zu studieren“, berichtet die Medienwissenschaftlerin. Vorhandene Stereotype müssten dringend aufgebrochen werden, ebenso wie vorhandene Ängste, so der Appell von Maya Götz. „Gerade die Mädchen haben die Vorannahme, dass sie in technischen Berufen in den Unternehmen ‚niedergemacht‘ werden.“
In diese Richtung denkt auch Wissenschaftlerin Isabell Wirth: „Vielleicht sollten wir die Angst davor nehmen, dass das Ingenieurstudium zu schwierig ist, und eher den Spaß und den Sinn beleuchten, den gerade die Elektrotechnik bietet. Wer gerne Rätsel löst und komplizierte Aufgaben ‚knacken‘ möchte, ist hier richtig.“ Allerdings, so Wirth, müssten die fachlichen Voraussetzungen dabei schon stimmen. „Das technische Verständnis und das Interesse für Mathe und Physik sollten da sein, um das Studium zu schaffen.“
Ingenieurinnen als Vorbilder für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Professorin Jutta Hanson will solche Ängste aktiv zerstreuen und für das Fach Elektrotechnik an der TU Darmstadt gezielt werben. „Wir werden weiterhin in die Schulen gehen und speziell Schülerinnen und deren Lehrer ansprechen, um ‚Ingenieurin‘ als faszinierenden Beruf mit hochaktuellen Aufgaben, tollen Weiterentwicklungsmöglichkeiten, einem breiten Berufsbild und vor allem auch als Anwendung von Mathematik, Physik oder auch Informatik vorzustellen. Wir laden speziell auch Schülerinnen zu uns ein, um Einblicke in die Universität und in das Studium zu geben.“ Andere Herangehens- und Sichtweisen auf die Technologie und aktuelle Herausforderungen, innovativere Lösungen durch diverse Teams sowie die Rekrutierung von dringend benötigten zusätzlichen Talenten, um die immense Lücke bei den Fachkräften in der Elektrotechnik zu schließen – all das spricht für mehr Frauen in der Elektrotechnik. Isabell Wirth, selbst zweifache Mutter, sieht dazu noch einen weiteren Grund: „Es wäre wichtig, dass es mehr Ingenieurinnen gibt, die eine Vorbildfunktion einnehmen. Nicht nur in fachlicher Hinsicht, sondern auch in Bezug auf neue Arbeitszeitmodelle und Care-Verpflichtungen. Derzeit lassen Projekte in Unternehmen kaum Teilzeit zu. Sicher könnte es helfen, wenn Care-Arbeit stärker wahrgenommen würde, das käme dann auch den Männern zugute, die sich mehr um ihre Familie kümmern möchten.“
LinkedIn-Influencerinnen wie Kenza Ait Si Abbou Lyadini, die neben „Keine Panik, ist nur Technik“ auch das Kinderbuch „Meine Freundin Roxy“ geschrieben hat, um mehr Nachwuchs für Robotik zu begeistern, und die ebenfalls Mutter ist, nutzen Social Media gezielt für mehr Sichtbarkeit. Dazu organisiert sie beispielsweise Hackathons speziell für Frauen. „Ich weiß, das Studium war etwas herausfordernd, aber dadurch habe ich keine Angst vor Technik. Ich würde Elektrotechnik auf jeden Fall empfehlen“, sagt die KI-Expertin. Und das gilt für Jungs genauso wie für Mädchen.
Simone Fasse ist Journalistin in München und schreibt schwerpunktmäßig über Themen aus dem Bereich Technologie und New Work.