Christoph Kutter

VDE Präsidiumsmitglied und Direktor Fraunhofer EMFT Prof. Dr. Christoph Kutter

| Fraunhofer EMFT/ Bernd Mülle
19.03.2021 Publikation

Nicht zögern, fördern!

Im Editorial plädiert Prof. Dr. Christoph Kutter, VDE Präsidiumsmitglied, für einen europäischen Masterplan pro Mikroelektronik. Die Mikroelektronik stünde am Anfang der Wertschöpfungskette. Wer hier vorne mitspielt, bestimme die Regeln, so sein Appel an die Politik. 

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Erst kürzlich bekam unsere Automobilindustrie die Abhängigkeit von den Halbleiterherstellern in Asien und USA zu spüren: Durch Lieferengpässe elektronischer Bauteile musste die Produktion gedrosselt werden. Diese Abhängigkeit setzt nicht nur die deutschen Autohersteller immer häufiger unter Druck, sondern trifft die gesamte Industrie in Europa. Die Mikroelek­tronik ist einer der bedeutendsten Innovationsmotoren, Deutschland das wichtigste EU-Land für diese Schlüsseltechnologie. Trotz zahlreicher Förderprogramme für die Elektronikbranche liegen die deutschen Hersteller mit einem Weltmarktanteil von etwa 3 Prozent weit hinter China mit 35 Prozent oder den USA mit 19 Prozent zurück. Obwohl die systemrelevante Chip-Industrie Auswirkungen auf die gesamte Volkswirtschaft hat, hinken Deutschland und Europa hinterher. Die USA und Asien, allen voran China, Taiwan und Korea, haben die strategische Bedeutung der Mikroelektronik erkannt und treiben seit Jahren ihren Aufbau massiv voran. Die Mikroelektronik steht am Anfang der Wertschöpfungskette, der Absatzmarkt ist heiß umkämpft. Wer hier vorne mitspielt, der bestimmt die Spielregeln bei neuen Anwendungen wie Internet of Things, Industrie 4.0 oder Autonomes Fahren.

»Die Mikroelektronik steht am Anfang der Wertschöpfungskette. Wer hier vorne mitspielt, bestimmt die Spielregeln.«

Gerade im Hochtechnologiebereich gibt es sehr große Risiken. Häufig werden Themen nicht von Unternehmen gestartet, sondern erst später ab einer gewissen Reifestufe von diesen aufgegriffen. Deutschland belegt sehr oft einen Spitzenplatz bei den besten Ideen. Es gelingt jedoch nicht, diese in innovative Produkte umzusetzen. Was es jetzt braucht, ist eine abgestimmte europäische Industriepolitik mit dem Fokus auf systemrelevante Schlüsseltechnologien. Die einzeln aufgesetzten Fördermaßnahmen der letzten Jahre sind gut, reichen aber nicht aus, um den Rückstand aufzuholen. Europa hat die Wahl, halbherzig weiterzumachen oder einen Masterplan „Electronics for Europe“ aufzustellen – langfristig angelegt, mit klaren Zielen, gemeinsam aufgestellt von Akteuren aus der Wirtschaft, Wissenschaft und Politik.

Ich hege keinen Zweifel daran, dass Deutschland und Europa ihre technologische Souveränität wiedererlangen können – wenn der politische Wille da ist.

Ihr Prof. Dr. Christoph Kutter

VDE Präsidiumsmitglied und Direktor Fraunhofer EMFT