Deutschland gilt ohnehin schon als das Land der Normen. Warum ist Standardisierung hier und jetzt noch so wichtig?
Bei sogenannten konvergenten Technologien ist eine Koordinierung der Aktivitäten erforderlich, etwa um Doppelarbeit und widersprüchliche Festlegungen in verschiedenen Normen zu vermeiden. Zudem soll das in Deutschland entwickelte Konzept von Industrie 4.0 weltweit etabliert werden. Das ist wichtig, da die Big-Five-Internetplattformen in den USA oder Asien beheimatet sind. Hier schafft Normung ein Level Playing Field für deutsche mittelständische Unternehmen: Die Nutzungsbedingungen für Daten werden nicht von den Internetkonzernen diktiert, sondern im Konsens erarbeitet und in Normen festgehalten.
Warum ist die Deutsche Normungsroadmap Industrie 4.0 in diesem Kontext so bedeutend?
Normungsroadmaps erfüllen bei Themen wie Industrie 4.0 mehrere Aufgaben. Angefangen beim Expertenaustausch über das Formulieren von Handlungsempfehlungen, die als Hilfestellung für die Arbeit der Normungsgremien, aber auch als Referenz zum Identifizieren von Projekten dienen, bei denen es Verzögerungen gibt. Kurz gesagt: Die Normungs-roadmap ermöglicht ein Managen der Normungsarbeit.
Welche konkrete Rolle spielt das SCI 4.0 dabei?
Es bündelt und orchestriert die Normung und Standardisierung zur digitalen Transformation im industriellen Umfeld. Und zwar durch Umsetzung der Ziele der Plattform Industrie 4.0 – Souveränität, Interoperabilität, Nachhaltigkeit – in Normen.
Diesbezüglich werden das Referenzarchitekturmodell Industrie 4.0 und die Verwaltungsschale als vielversprechende Schritte gehandelt. Was hat es damit auf sich?
Sie beschreiben wesentliche Aspekte der digitalen Transformation der Fertigung und schaffen so die Basis für ein zentrales Werteversprechen von Industrie 4.0 – die durchgängige Nutzbarkeit von Daten über den Lebenszyklus eines Produkts und die Integration von einzelnen Betriebsmitteln bis hin zu Geschäftsprozessen.
Können Sie das an einem Beispiel erklären?
Nehmen Sie etwa Pumpen für die Prozessindustrie. Die serviceorientierte Architektur der Verwaltungsschale ermöglicht es, bestimmte Nutzungsdaten vom Betreiber einer Pumpe an deren Hersteller weiterzugeben. Dieser kann die Daten mit Informationen zum Verschleiß kombinieren und somit die Lebensdauer der Pumpen optimieren. Da dieser Datenaustausch anhand genormter Mechanismen erfolgt, entfällt eine aufwendige Abstimmung der Rahmenbedingungen zur Datenweitergabe.
Wie weit ist die Normung fortgeschritten?
Bisher wurden die grundlegenden Mechanismen von Industrie 4.0 entwickelt, und die Ergebnisse werden zurzeit bei den internationalen Normungsorganisationen eingebracht – mit dem Ziel weltweiter Standards. Zum Beispiel eine von Deutschland vorgeschlagene Norm zur Beschreibung der Struktur der Verwaltungsschale, die Experten der DKE erarbeitet haben.