Welches Image hat das Studium der Elektro- und Informationstechnik bei jungen Leuten?
Dr. Maya Götz: Kein gutes. Angehende Studienberechtigte stellen sich Ingenieure der Elektro- und Informationstechnik überwiegend als Männer in grauer Kleidung, manchmal im Blaumann vor, die in gebückter Haltung Kabel ineinanderstecken. Dies sind abschreckende Bilder, durch sie entsteht beim potenziellen Nachwuchs ein unattraktives Image für den Berufsstand. Das haben uns die befragten Hochbegabten unmissverständlich gesagt.
Dr. Michael Schanz: Das große Problem ist, dass wir für die vielen Aufgaben in der Elektro- und Informationstechnik zu wenige Ingenieurinnen und Ingenieure haben. Auf die Demografie und die zunächst doppelte, dann sinkende Anzahl von Abiturientinnen und Abiturienten in einzelnen Bundesländern haben wir keinen Einfluss, wohl aber auf das Image des Berufsstands. Das lässt zu wünschen übrig. Deshalb sollten wir ein positives Erscheinungsbild grundlegend neu aufbauen.
Woher kommt dieses schlechte Image bei potenziell Studierenden der Elektro- und Informationstechnik?
Götz: Sie haben klare Vorstellungen von dem, was sie von ihrem Beruf erwarten. Dazu zählen: wirtschaftlich gut davon leben können, ernst genommen werden, kreative Aufgaben und eine gesunde Work-Life-Balance haben. Die Aufgaben von Elektroingenieurinnen und -ingenieuren bestehen in deren Wahrnehmung darin, dass sie handwerklich an elektrischen Anlagen arbeiten. Einige meinen sogar, Elektroingenieure würden die Weihnachtsbeleuchtung für den Marktplatz planen und selbst installieren. Sie haben somit völlig falsche Vorstellungen von den Aufgaben des Berufsstands. Reale Berufswünsche und missverstandene Berufswirklichkeiten finden deshalb keinen Konsens.
Entsteht das unrealistische Bild, weil sich die jungen Leute an den falschen Stellen über das Studium informieren?
Götz: Die Hälfte der angehenden Studienberechtigten informiert sich über die Studienmöglichkeiten im Internet, mit deutlichem Abstand folgt die reale Welt. In der befragen sie Familienmitglieder und Bekannte. Einige Studiengänge, darunter insbesondere die Elektro- und Informationstechnik, werden online nur mäßig dargestellt. Etwa auf Homepages von Hochschulen wird sie folgenschwer präsentiert: Sie wird häufig mit einer Vielzahl von fachlichen Fremdwörtern kompliziert und unverständlich beschrieben. Damit können die Schüler nichts anfangen. Diese Präsentationen schrecken Studienwillige ab, anstatt sie anzuziehen.
Für die Studie wurden die Schülerinnen und Schüler auch nach ihren Noten in den für die Elektro- und Informationstechnik relevanten Fächern Mathematik, Physik, Informatik befragt und die Antworten der High Potentials speziell ausgewertet. Haben die guten Schüler ein anderes Bild von der Elektro- und Informationstechnik als die mit weniger guten Noten?
Götz: Das Grundproblem ist das gleiche: Beide haben den Eindruck, Ingenieurinnen und Ingenieure der Elektrotechnik führen nur Anweisungen aus, kontrollieren und reparieren elektrische Geräte. Viele High Potentials, also die mit der 1 vor dem Komma, sehen sich eher in der Projektleitung und im Entwickeln von technischen Lösungen. Das ist eigentlich sehr dicht an dem, was Elektroingenieure und -ingenieurinnen beruflich tun, das wissen die Jugendlichen aber leider nicht. Auch die mit der 2 vor dem Komma in denselben Fächern stellen sich den Elektriker vor und wissen, dass Kabelstecken nicht ihrer Zukunftsperspektive entspricht. Somit erledigt sich das Studium der Elektro- und Informationstechnik für viele, bevor sie sich überhaupt zu möglichen Studiengängen informieren.