Lade GmbH
Lade GmbH / Stephan Sollmann
01.10.2022 Publikation

Ingenieure for Future

Wenn nicht jetzt, wann dann: Viele Unternehmen im VDE setzen auf grüne Technologien und versuchen, die Zukunft unseres Planeten so besser zu machen. Die folgenden drei zeigen, dass Visionen und Wirtschaftlichkeit Hand in Hand gehen können. 

Von Melanie Unseld

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VDE dialog - Das Technologie-Magazin

Besser laden

Über das gewaltige Potenzial von E-Autos sinnierte Unternehmensgründer Dennis Schulmeyer bereits, als Tesla noch nicht in aller Munde war. Schon 2009 entwickelte der IT-Unternehmer und gelernte Elektrotechniker die ersten Ideen für ein umfassendes, vernetztes Ladesystem, das mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen betrieben wird. Seit 2020 entwickelt und produziert er Komplettlösungen für das effiziente Laden von E-Autos in seinem eigens gegründeten Unternehmen LADE GmbH in Mainz.

"Ich möchte wirklich alles dafür tun, die Erde als lebenswerten Ort zu erhalten", erläutert Dennis Schulmeyer seine Motivation. "In der E-Mobilität sehen wir einen enormen Hebel, um die notwendigen Veränderungen so schnell wie möglich und gleichzeitig wirtschaftlich effizient zu gestalten."

Mit E-Autos will Schulmeyer nicht nur den Verkehr frei von CO2-Ausstoß machen. Vielmehr sollen die Millionen Fahrzeuge, die in Zukunft unterwegs sein werden, als dezentrale Speicher für Strom aus erneuerbaren Energiequellen genutzt werden. Sie können helfen, deren Leistungsschwankungen auszugleichen und die Stromnetze stabilisieren. 'Vehicle-to-Grid' (V2G) heißt die Technologie, die dahintersteckt und bei der E-Fahrzeuge nicht nur aufgeladen werden, sondern Strom auch zurück ins öffentliche Netz gespeist wird. 

Zum System der LADE GmbH für den Betrieb von Ladeinfrastruktur gehören sowohl die Hardware inklusive Elektronik als auch die Software, also Betreiber-Backend und Smartphone-App. Technologisches Herzstück ist das Zero-Gap genannte Lastmanagement, das die Ladeleistung an jedem einzelnen Ladepunkt dynamisch, phasenindividuell und in Echtzeit regelt. Schulmeyer ist überzeugt von seiner Vision: "Mit Vehicle-to-Grid können wir den CO2-Ausstoß sowohl im Verkehr als auch bei der Stromerzeugung massiv senken." Er geht sogar noch einen Schritt weiter: Nahezu die gesamte Stromversorgung in Deutschland, so Schulmeyer, lasse sich "allein mit Windkraft, Solarenergie und E-Autos mit Vehicle-to-Grid-Funktionalität gewährleisten". Probieren Sie es aus!

Wie Vehicle-to-Grid funktioniert, lässt sich online im V2G-Simulator testen.

"Fuck CO2"

Carbonauten
Carbonauten GmbH

Sie haben viel vor: Lebensmittel, Materialien und Energie sollen nachhaltig, regenerativ, besser und billiger für alle werden. "Unser System macht dies möglich, denn carbonauten ist keine Firma, sondern eine Haltung", sagen Torsten Becker und Christoph Hiemer, Gründer der 'carbonauten – the minus CO2 factory'. Ihr Lösungsansatz: "CO2-Speicherung von der Kacke bis zum Kosmos." Denn sie haben eine Mission: "Fuck CO2!"

Schon bei ihrem Kennenlernen 2013 erahnten sie dafür das Potenzial von Biokohlenstoffen. Hiemer, Sohn eines Pioniers bei Biomassekraftwerken, wollte Biomasse stofflich und energetisch nutzen, statt sie nur zu verbrennen, und entwickelte ein indirekt beheiztes Karbonisierungsverfahren. Beckers Faszination waren die unentdeckten Eigenschaften von Biokohlenstoffen. 2017 kündigten beide ihre sicheren Jobs und gründeten. 

Nun brauchten sie Kapital. 2018 überzeugten sie die Jury des Cyber One Hightech Award und gewannen 200.000 Euro. Doch Deutschlands Investoren zogen nicht nach. "Obwohl wir bewiesen haben, dass unser technologischer Quantensprung funktionierte, lehnten sie ab. Auch wenn sie Lockerheit versprühen wollten, sahen sie als typische BWLer nur das Risiko. 'Wachst mal schön, dann gieße ich', ist heute noch die vorwiegende Einstellung", so die Erfahrung der beiden. 

2019 half ein privater Gesellschafter und erhielt dafür vier Prozent Anteile an den carbonauten. Heute sind diese 1,6 Millionen Euro wert: das 20-Fache der Investition, die das Start-up auf Touren brachte. "Im November 2019 hielten wir die erste spritgegossene Schale aus einem Biokunststoff und 30 Prozent Biokohlenstoff in der Hand – ein Gänsehautmoment."

Biokohlenstoffe werden aus holzigen Resten von Biomassen der Forst- und Landwirtschaft, Lebensmittel- und Holzindustrie hergestellt. Abfälle, die sonst oftmals verrotten, verbrannt oder vergraben werden. Die Stoffe entziehen der Atmosphäre CO2, speichern es dauerhaft in Produkten und reduzieren aggressive Klimagase wie Methan und Lachgas, da Verrottungsprozesse vermieden werden. Die mit Biokohlenstoffen kombinierten Materialien nennen die carbonauten 'NET Materials®' (Negative Emission Technology), ein Patent ist angemeldet.

Die Karbonisierung in der 'minus CO2 factory 001' in Eberswalde soll diesen Herbst industriell starten. 3,6 Millionen Euro investierte der zweite Gesellschafter ForestFinance aus Bonn. Die Produktion ist bereits im Voraus ausverkauft. In den nächsten Jahren wollen die Gründungsväter Dutzende von Produktionsstandorten weltweit realisieren.

Die Beteiligung von HUEHOCO im Sommer 2021 hob den Unternehmenswert auf 40 Millionen Euro, aktuell sind es über 83 Millionen. Ein besonderes Augenmerk soll auf der Produktion von Pyrolyseölen liegen. Sie ersetzen zu niedrigen Preisen Agrargifte, Kunstdünger sowie Medikamente und Chemikalien für Tiere, sind Grundlage für Kunststoffe und Ersatzbrennstoff. Das ist nicht neu: Deutschland war bis 1950 Weltmarktführer bei der Herstellung und Nutzung von Pyrolyseölen als Vorgänger von arabischem und russischem Erdöl. Was trotz aller menschlichen Innovation zeigt: Die Natur ist die beste Ingenieurin. Von der Kacke bis zum Kosmos.

Effizienter leuchten

AS LED

Porträtfotos von den AS LED-Gründern Andreas Thum und Stefan Kirner.

| AS LED Lighting GmbH

Hochwertige, langlebige Leuchten made in Germany. Davon träumten zwei Gründer, die mit viel Mut und Eigenkapital ein Start-up rund um hochwertige LED-Beleuchtung aufgebaut haben. 

Vom Entwurf über die Entwicklung bis zur Fertigung ihrer Leuchten sollte nach Andreas Thum und Stefan Kirner alles klimaschonend und abfallvermeidend in Penzberg in Oberbayern stattfinden. Doch als die beiden 2010 starteten, steckte die LED-Technologie noch in den Kinderschuhen. Was heute Kreislaufwirtschaft und Ökodesign heißt, war damals Nischenthema. Wenn Unternehmen LED-Beleuchtung herstellten, dann in den Niedrigpreisländern Asiens und schon gar nicht nachhaltig.

Doch die beiden Ingenieure ließen sich nicht entmutigen. Sie gründeten die AS LED Lighting GmbH überwiegend mit Eigenkapital, um LED-Beleuchtung für Industrie, Gewerbe, Sport und Gesundheitswesen herzustellen – und fanden schnell ihre ersten Kunden. Zunächst zu zweit, nach einem Jahr mit dem ersten Angestellten. Mittlerweile verfolgen sie mit einem Team von 15 Festangestelten konsequent ihre Vision, effiziente LED-Beleuchtung mit höchster Qualität und Langlebigkeit regional und umweltschonend zu entwickeln und herzustellen.

Der Bedarf ist für die beiden Gründer offensichtlich: "Licht braucht und Energie sparen muss jeder; effiziente LED-Leuchten sind das Maß aller Beleuchtungsformen der Zukunft."

Sie versprechen: Mit den Leuchten von AS LED Lighting kann man viel Geld sparen, den CO2-Ausstoß immens senken und gleichzeitig Elektroschrott reduzieren. "Unser Anspruch ist Abfallvermeidung um jeden Preis. Deshalb lassen sich all unsere LED-Leuchten reparieren und Einzelteile austauschen", erklärt Thum. Kirner rechnet vor: "Im industriellen Bereich, etwa in Lager- oder Produktionshallen, kann der Stromverbrauch um 50 Prozent und mehr gesenkt werden. LED-Leuchten für Büros bewirken sogar bis zu 70 Prozent“. Zur Kundschaft zählen heute außerdem Betreiber von Sporthallen, Banken, Praxen und Krankenhäuser oder Geschäftshäuser wie Autohändler. 

Seit der Gründung produziert das Unternehmen in Penzberg in Oberbayern und will dabei bleiben. "Wir setzten bei unseren Lieferanten von Anfang an auf kurze Transportwege, schon allein aus Klimaschutzaspekten." Und das rentiert sich nicht nur beim CO2-Fußabdruck. Als zu Pandemiezeiten andere Unternehmen wegen Materialengpässen die Produktion drosseln mussten, blieben bei Thum und Kirner die Lichter an.