Das neue Durcheinander ist gut fürs Geschäft: Auf grünem Wasserstoff als Energieträger liegen große Hoffnungen. Doch die Realität dürfte komplex aussehen. Windparks, Solaranlagen oder Biogasanlagen liefern auf der einen Seite Kraft für die Elektrolyseure, auf der anderen Seite wollen Industriebetriebe oder Haushalte versorgt werden. Wohin soll der Wasserstoff fließen? Soll er direkt verbraucht werden oder in Speicher fließen? Und mit welcher Auslastung sollen die eigenen Anlagen überhaupt laufen? Die Steuerung wird anspruchsvoll: "Irgendwann ist man über den Punkt hinaus, wo das eine einzelne Person alles im Blick behalten kann", sagt Marcus Rübsam.
Darum hat der langjährige SAP-Manager gemeinsam mit dem Vater-Sohn-Gespann Armin und David Schwarz vor zwei Jahren angefangen, das Start-up CibusCell aufzubauen. Das Team aus Speyer arbeitet daran, eine Art digitalen Leitstand für die Welt des grünen Wasserstoffs zu bauen. Die Software führt die Daten von allen beteiligten Energieproduzenten und -verbrauchern zusammen. Und soll so dabei helfen, die künftige Energiewelt im Gleichgewicht zu halten: "Die Wertschöpfungskette des Wasserstoffs muss digitalisiert werden“, sagt Gründer Rübsam, „sonst kann der Markthochlauf nicht funktionieren."
CibusCell will mit dabei sein, wenn beim Thema Wasserstoff aus Pilotprojekten Alltag wird. Und stößt aktuell in der Industrie auf viel Interesse: "Die Offenheit vieler Konzerne ist sehr groß", sagt Rübsam, "wir bekommen schnell Termine – und dann auch Folgetermine." Auch anderen jungen Tech-Firmen, die mit einer grünen Geschäftsidee unterwegs sind, geht es ähnlich. Aus einer grundsätzlichen Skepsis gegenüber Start-ups ist bei vielen etablierten Unternehmen eine wachsende Neugier geworden. "Mehr und mehr Unternehmen verstehen, dass Kooperationen mit Start-ups eine wichtige Rolle spielen", sagt Christoph Baier, Gründer der Beratung Ambivation, "sie können nicht Innovationen in allen Bereichen selbst realisieren und finanzieren."