Bild-Dialog-Energiekrise-PV
stock.adobe.com/petovarga
01.04.2023 Publikation

Debatte: "Photovoltaik made in Europe"

Der weltweite Wettlauf um den Aufbau von PV-Produktionskapazitäten ist in vollem Gange. Höchste Zeit, dass Europa mitzieht und im Sinne einer gerechten Transformation mit einer nachhaltigen und sauberen PV-Wertschöpfungskette den Goldstandard setzt, meint Nadine Bethge von der Deutschen Umwelthilfe.

Von Nadine Bethge

Kontakt
VDE dialog - Das Technologie-Magazin
Nadine-Bethge

Nadine Bethge ist stellvertretende Bereichsleiterin Energie und Klimaschutz der Deutschen Umwelthilfe. Sie widmet sich besonders den Themen Erneuerbare Energien und Energieinfrastrukturen, mit Schwerpunkten auf Nachhaltigkeitsmanagement und Stakeholderkommunikation. 

| privat

Rückblickend auf das vergangene Jahr müssen aus energie- und klimapolitischer Sicht zwei Erkenntnisse herausgestellt werden. Zunächst ist zu nennen, dass mit dem russischen Angriffskrieg nun alle zu dem Eingeständnis kamen, dass unsere fossile Importabhängigkeit ein enormes Sicherheitsrisiko birgt. Zweitens die Erfahrung, dass das Jahr 2022 (wieder einmal) das heißeste Jahr der Aufzeichnungen war und die Gefahr eines Klimakollapses bedrohlich näher rückt. Die Antwort auf diese beiden Herausforderungen lautet "Freiheitsenergien". Der Photovoltaik (PV) kommt hierbei eine Schlüsselrolle zu. Allein in Deutschland soll sich der PV-Ausbau binnen weniger Jahre vervielfachen, vom Rest der Welt ganz zu schweigen.

Um diese zwingend notwendige Solaroffensive zu schaffen, müssen PV-Produktionskapazitäten massiv ausgebaut werden. Längst ist deshalb ein internationaler Wettlauf darum entbrannt. Vor allem Indien und die USA schreiten entschlossenen Schrittes voran und wollen durch das Anlocken von PV-Unternehmen ihre eigenen Energiewenden absichern. Dem zugrunde liegt die gegenwärtige Monopolstellung von China. Die Volksrepublik kontrolliert inzwischen über 80 Prozent der gesamten PV-Lieferkette. Eine alarmierende Tatsache, werden doch China umweltschädliche Praktiken und Menschenrechtsverletzungen im Produktionsprozess vorgeworfen.

Auch Europa tut gut daran, sich in Zeiten pandemiebedingter Lieferschwierigkeiten und geopolitischen Säbelrasselns von solchen Importabhängigkeiten loszulösen und sollte deshalb schnellstmöglich eigene PV-Produktions­kapazitäten im hohen Gigawattbereich entlang der gesamten Wertschöpfungskette aufbauen. Die EU setzt hierfür mit dem Critical Raw Materials Act ein wichtiges Zeichen. Allerdings darf es bei der Renaissance der PV-Industrie nicht einzig um die deutsche Rohstoffabsicherung und Industrieförderung gehen. Vielmehr muss der Wiederaufbau als Chance begriffen werden, zusätzlich hohe Standards in Sachen Umweltschutz und Menschenrechte zu setzen, damit von Anfang an saubere und faire Liefer­ketten etabliert werden. Auch die Wiederverwertung beim Lebensende der PV-Produkte sollte von Beginn an mitgedacht werden.

Die Basis für eine gerechte und nachhaltige Energiewende sind transparente und umweltfreundliche Wertschöpfungsketten. Die EU und Deutschland müssen sich daher mutig für den Ausbau der PV-Produktion einsetzen. Für eine echt grüne Industrie­politik brauchen wir kurzfristig wirksame und langfristig verfügbare Förderanreize und Investitionsmittel sowie die Stärkung der Wiederverwendung und des Recyclings von PV-Modulen.