Cherif Kedir: Wir bauen unsere globale Präsenz immer weiter aus, zumal wir uns in einem zunehmend komplexeren Energie- und Handelsumfeld bewegen. Das ist strategisch sinnvoll.
Die USA sind nach wie vor einer der lukrativsten und strategisch wichtigsten Märkte für Photovoltaik-Hersteller. Große Nachfrage, ein unterstützendes politisches Umfeld und solide Margen machen sie zu einem Hotspot für Solarinvestitionen. Und abgesehen von ökonomischen Gewinnen spielt der US-Markt auch eine wichtige Rolle für die heimische Produktion und nationale Energieziele.
Sonnenkraft ist heute eine der wettbewerbsfähigsten Energiequellen, und Anlagen im industriellen Maßstab im ganzen Land haben neue Niedrigpreisrekorde erreicht. Es ist inzwischen genauso billig oder billiger, Solar- oder Windkraftanlagen zu bauen und zu betreiben wie Kohle- oder Gaskraftwerke. Dieser Kostenvorteil ist notwendig, um Energieunabhängigkeit zu erreichen und ein zuverlässigeres, nachhaltiges Netz zu schaffen.
So wie ich es verstehe, will die Regierung genau das: den US-Markt schützen.
Cherif Kedir: Ja, das scheint das Ziel der Regierung zu sein – den US-Markt durch Zölle abzuschotten. So ehrenwert das Bestreben, die heimische Industrie zu stärken, auch sein mag – die Mittel sind Grund zu großer Besorgnis. Die Zölle dienen nicht nur dazu, Handelsungleichgewichte auszugleichen, sondern auch als Verhandlungsinstrument. Das Problem an dieser Strategie ist, dass sie enorme Unsicherheit in der Weltwirtschaft schafft. Ich habe zwar keinen direkten Einblick in die Pläne der Regierung, aber Zölle werden dafür benutzt, eine ganze Reihe von Zielen zu erreichen. Leider ist nicht ganz klar, was das für langfristige Folgen nach sich ziehen wird.
Hohe Zölle sind keine Lösung. Und oft schaden sie am Ende genau den Unternehmen, denen sie eigentlich nutzen sollen, indem die Preise wichtiger Importgüter steigen, vor allem in Branchen, in denen es keinen heimischen Ersatz gibt. Das wirkt sich auf die gesamte Lieferkette aus, schreckt von Investitionen ab und kann letztlich zu Inflationsdruck und verminderter Wettbewerbsfähigkeit führen.
Was wir im Moment erleben, ist ein Zustand wirtschaftlicher Spannung, der weltweit bedeutende Auswirkungen haben könnte. Es ist in jedermanns Interesse, sowohl in den USA als auch international, eine Lösung zu finden, die Stabilität wiederherstellt. Ich habe die Hoffnung, dass wir zu einer ausbalancierten, zukunftsgerichteten Einigung gelangen, bevor diese politischen Maßnahmen noch größeren wirtschaftlichen Schaden anrichten. Wenn es zu einer Rezession käme, könnte der Weg zur Erholung deutlich länger und schwieriger werden.
Brian Grenko: Teil der Geschichte hier ist, dass es in den vergangenen Jahrzehnten zu einer Auflösung der verarbeitenden Industrie in der US-Wirtschaft gekommen ist. Das war der Ausgangspunkt für den Versuch, heimische Arbeitsplätze zurückzuholen – ein Hauptziel des Inflation Reduction Act. Interessant ist, dass die meisten Fabriken, die in der kurzen Zeit seit Inkrafttreten des IRA gebaut wurden, in „roten Bundesstaaten“ stehen, wo also Trumps republikanische Partei die Mehrheit hat. Richtig ist zudem, dass die meisten Groß-PV-Anlagen in ländlichen Gebieten errichtet werden, die ebenfalls zu den Republikanern tendieren. Das heißt, die Menschen, die am meisten von den neuen Arbeitsplätzen profitieren, wählen mehrheitlich die Republikaner. Paradoxerweise schadet die Regierung, wenn sie das Wachstum der Solarbranche ausbremst, am meisten ihren eigenen Anhängern.