Im Jahr 2020 schnellten die Neuzulassungen für Elektroautos in die Höhe. Allein in Deutschland wollte die Regierung 15 Millionen E-Autos bis 2030 auf die Straßen bringen, von denen jedes etwa 5 Kilogramm reines Lithium für seine Batterie benötigen wird. Auch in anderen Ländern boomten die Stromer. „Es wird nicht genug Lithium zur Verfügung stehen, um diese Ziele zu erreichen“, warnte damals das Handelsblatt, basierend auf Daten der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. Der Markt stützte diese Befürchtung. Der Preis für eine Tonne des Lithiumerzes Spodumen schoss von weniger als 1000 US-Dollar im Jahr 2021 auf über 6000 US-Dollar Ende 2022. Das silbrig-weiße Metall, für das sich außer Keramikherstellern kaum jemand interessierte, wurde in der Öffentlichkeit geradezu zum Sinnbild für kritische Rohstoffe.
Für die einen war der Lithium-Engpass der Beweis, dass Elektromobilität nicht funktionieren kann – für andere ein Grund, nach Alternativen zu suchen. Eine heiß gehandelte Option: Natrium, ein Bestandteil von Kochsalz und ähnlich leicht aus dem Meer oder Bergwerken zu gewinnen. Die Fraunhofer-Einrichtung Forschungsfertigung Batteriezelle FFB erstellte 2023 eine ausführliche Bestandsaufnahme rund um die Natrium-Ionen-Batterie. Ihr Aufbau ähnelt dem der Lithium-Ionen-Batterie, die Anlagen in der Forschungsfabrik könnten also auch genutzt werden, um Fertigungsverfahren für Natrium-Ionen-Batterien zu entwickeln und zu skalieren. Obwohl diese in ihrer Energiedichte materialbedingt nie an die etablierte Lithium-Konkurrenz heranreichen würde, versprach die Natrium-Ionen-Batterie nicht nur Vorteile bei der Nachhaltigkeit und Brandsicherheit, sondern vor allem beim Preis. Insbesondere in China sicherten sich Hersteller Patente und kündigten Gigafabriken für Natriumbatterien an. Zielmärkte waren all die Anwendungen, bei denen minimale Kosten wichtiger waren als ein geringes Gewicht: stationäre Speicher, E-Roller und günstige Kleinwagen. Die Natriumbatterie, so folgerte die Fraunhofer FFB aus ihren Daten, war „gekommen, um zu bleiben“.
Doch es kam anders. Schnell fanden sich Investoren, die das begehrte Lithium liefern und damit großes Geld verdienen wollten. Vor allem Australien steigerte seine Produktion rasant. Auf der Abnehmerseite verlief das Wachstum hingegen langsamer als gedacht und auch die Spekulanten verschwanden bald wieder aus dem Markt. So folgte auf den Peak Ende 2022 ein jäher Absturz der Lithiumpreise. Der Preisvorteil der Natrium-Ionen-Batterie löste sich auf wie Salz im Meer.
Und auch bei den Themen Sicherheit und Nachhaltigkeit tun sich Forschende heute schwer, von einem Vorteil der Natrium-Ionen-Batterien zu sprechen. Denn auch bei den Lithium-Ionen-Batterien ging es flott voran. Lithium-Eisenphosphat (LFP) verdrängt die bisher dominante Kombination Lithium-Nickel-Mangan-Cobaltoxid (NMC) immer öfter als Kathodenmaterial und sorgt für mehr Brandsicherheit. „Die ökologisch wirklich schwierigen Rohstoffe Nickel und in manchen Fällen sogar Kobalt können in der Natrium-Ionen-Batterie weiterhin vorkommen, wenn auch nicht zwangsläufig – in der LFP-Batterie jedoch nicht“, sagt Florian Degen, Bereichsleiter Strategie und Unternehmensentwicklung bei der Fraunhofer FFB.
In der Mudere-Mine in der Demokratischen Republik Kongo werden Coltab, Mangan und Kobalt abgebaut. Experten bewerten den Arbeits- und Gesundheitsschutz in solchen Minen als problematisch.
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