Und das gilt nicht nur für die Industrie: Steinbeis-Direktor Andreas Renner spinnt einen skurril anmutenden Gedanken. „Mit Humanoider Robotik könnte sogar Homeoffice für Pflegekräfte möglich werden“, sagt er. Zwar könne man auf absehbare Zeit nicht davon ausgehen, dass humanoide Roboter in irgendeinem Bereich komplett selbstständig arbeiten können. Aber eine menschliche Pflegekraft könnte einen Roboter am Patienten steuern – und das unter Umständen vielleicht einen Tag pro Woche sogar von zu Hause aus. Die Vision vom Homeoffice für Pflegekräfte würde die Beschäftigung und damit den Beruf vielleicht attraktiver machen, meint Renner, und somit bei einer großen gesellschaftlichen Herausforderung abhelfen.
Einsatz ohne aufwendige Umbauten: In Umgebungen, die auf Menschen ausgerichtet sind, finden menschenähnliche Roboter sich schnell gut zurecht.
Mit dem Einsatz von Robotern in der Pflege beschäftigt sich auch Sebastian Reitelshöfer. Er kann sich vorstellen, dass sie etwa für Hol- und Bringdienste verwendet werden. Treppen hoch und runter und durch Gänge navigieren, um Medikamente aus der Apotheke oder Unterlagen aus der Verwaltung zu holen – das können humanoide Roboter schaffen und somit die Pflegefachkräfte spürbar entlasten.
Sogar in der Therapie selbst können die Roboter einen Beitrag leisten: „Beim Menschen macht es viel, wenn das Gegenüber menschliche Attribute hat“, erklärt Reitelshöfer. Der bekannte menschenähnliche Roboter Pepper wurde in der Vergangenheit schon im Training autistischer Kinder eingesetzt. In der Interaktion erkennt er das Stresslevel und kann dann etwa Atemübungen vorschlagen. Um die sozialen Anwendungsfelder zu erweitern, forscht die Friedrich-Alexander-Universität im Projekt „FORSocialRobots“ an den sozialen Fähigkeiten von Robotern. Unter anderem arbeiten die Wissenschaftler dazu mit der Sozialstiftung Bamberg zusammen. Ein neuartiges Konzept für Demenzstationen steht auf dem Programm. Das Ziel auch hier: „Dass das Personal entlastet und dadurch befähigt wird, mehr mit den Patienten zu arbeiten“, sagt Reitelshöfer.
Mit ihren Fähigkeiten ist auch der Einsatz von Humanoiden im Alltag mitunter sinnvoll. Der 1,65 Meter große Roboter Neo Beta des Herstellers 1X zum Beispiel kann im Haushalt helfen: Tee kochen, Flächen wischen, Wäsche falten oder Gegenstände bis 20 Kilogramm durch die Wohnung tragen. Das chinesische Unternehmen Unitree ist dazu übergegangen, den menschenähnlichen Roboter H1 über seinen Online-Shop auch Endkunden anzubieten. Die Lösungen bewegen sich beim Preis je nach Ausstattung zwischen 20.000 und 100.000 Euro.
Ein Blechteil in eine Vorrichtung legen, eine Tasche anreichen – das klingt unspektakulär, legt aber den Grundstein für künftig viel komplexere Einsätze in Fabriken oder zu Hause.
Geht es nach Unitree, sind Menschen nicht die einzigen Vorbilder für Roboter: Der Unitree Go2 Air ähnelt einem Hund, der sich flink durch unwegsames Gelände bewegen kann. Das ist nützlich im Rettungswesen oder in für Menschen gefährlichen Situationen, etwa in atomar verseuchtem Gebiet. Humanoide Roboter servieren in Cafés und Bars. Der Fourier GR-1 des Herstellers Fourier Intelligence kann als Concierge am Hotelempfang arbeiten, aber auch als Teil eines Sicherheitsdiensts Gelände überwachen. Selbst in Kunst und Kultur hat Robotik schon Einzug gehalten: Die Dresdner Sinfoniker haben im Herbst 2024 Roboterarme zum Dirigat eingesetzt.