Ein MRT-Gerät mit geöffneter Abdeckung.

Ein MRT-Gerät mit geöffneter Abdeckung.

| stock.adobe.com/andrey
01.04.2024 VDE dialog

Medizintechnik: Ein zweites Leben fürs CT

Medizintechnische Geräte wie Computer- oder Magnetresonanztomographen sind auch nach ihrem ersten Einsatz sehr gefragt. Der Markt für aufgearbeitete Medizintechnik ist groß – in Deutschland und weltweit. Lücken gibt es noch bei der internationalen Regulierung.

Von Julian Hörndlein

Computertomographen, Magnetresonanztomographen und weitere hochentwickelte technische Geräte sind aus der modernen Medizin heute nicht mehr wegzudenken. Als teures Investitionsgut sind die Geräte eine Anschaffung, die viele Jahre zuverlässig ihren Dienst verrichten müssen. Dennoch ist ihre Lebensdauer nicht unbegrenzt. Wie Fernseher oder Computer sind medizintechnische Geräte Elektronikprodukte, die irgendwann überholt werden müssen – oder entsorgt. Während Fernseher oder Computer dabei recht einfach auf dem Elektroschrott landen, erfordert die Entsorgung medizintechnischer Geräte deutlich mehr Aufwand und Kosten. Und das ist nur einer von mehreren Gründen, warum sich die professionelle Aufarbeitung oftmals lohnt. „Marktforscher rechnen bis zum Jahr 2030 mit einem jährlichen Umsatz von etwa 34 Milliarden US-Dollar durch generalüberholte medizintechnische Geräte“, so die DKE in einer Fachinformation zur Wideraufbereitung von Medizingeräten mit besonderem Augenmerk auf die Regulierung.

Zum Segment gehören neben Computertomographen und Röntgengeräten auch Ultraschallgeräte, chirurgische Instrumente, Diagnosegeräte, Systeme zur Patientenüberwachung und Laborgeräte. Dass Hersteller diese am Ende ihrer (ersten) Lebensdauer zurücknehmen müssen, ist gesetzlich festgelegt. Davon ausgenommen sind Geräte, die bei der Benutzung kontaminiert werden können, etwa weil sie in einen menschlichen Körper eingeführt werden wie zum Beispiel Endoskope. Bei diesen bleibt nach Gebrauch nur die Vernichtung – das Verbrennen bei sehr hohen Temperaturen. Aber: Für wiederverwendbare Großgeräte ist das nicht sinnvoll. „Da gibt es einen Markt“, sagt Dr. Sven Grieger, Business Development Manager an der Fraunhofer-Einrichtung für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie (IWKS).

Nach dem Refurbishment sind Medizingeräte so gut wie neu

Und nicht nur wirtschaftlich ist es sinnvoll, Medizingeräten ein Second Life (zweites Leben) zu schenken. „Etwa acht Prozent der weltweiten CO2-Emissionen gehen ins Gesundheitswesen“, beziffert Grieger die ökologische Komponente. Werden weniger Geräte neu produziert, kann diese Zahl sinken. Dass gebrauchte Medizintechnik naturgemäß preiswerter ist als Neugeräte, macht sie auch für Schwellenländer interessant, die in den Aufbau ihres Gesundheitswesens investieren, dafür aber nur begrenzt finanzielle Ressourcen haben. Allerdings: „Die größten Märkte für aufgearbeitete Medizintechnikgeräte sind die USA, Deutschland und Japan“, erklärt Patricia Gehrlein, Programmleiterin Kreislaufwirtschaft bei Siemens Healthineers. Das Unternehmen hat 2001 angefangen, in die Wiederaufbereitung der eigenen Medizintechnik zu investieren. Gehrlein sieht eine verstärkte Sensibilisierung für die Thematik vor allem in den vergangenen Jahren. Auch amerikanische Marktforscher prognostizieren das: Sie gehen von einer jährlichen Wachstumsrate im Sektor von zwölf Prozent aus. Die Nachfrage decken laut World Health Organisation (WHO) im Wesentlichen vor allem die USA (46 Prozent) und europäische Länder (24 Prozent).

Ein Techniker arbeitet an einem medizintechnischen Gerät.

Aufbereitung von Medizingeräten

| Siemens Healthineers

Für die Aufarbeitung von Medizingeräten braucht es das passende Expertenwissen. Meist kaufen Unternehmen die von ihnen selbst gefertigten Geräte von den Anwendenden zurück. Wieder am Fertigungsstandort, folgt der Aufarbeitungsprozess, der in der Industrie als Refurbishment bezeichnet wird. Zuerst müssen die Geräte desinfiziert und gereinigt werden, bevor sie komplett auseinandergebaut und auf Herz und Nieren überprüft werden können. Abgenutzte Teile werden ersetzt und gegebenenfalls Software-Updates aufgespielt. Je nach Ausrichtung nehmen die Hersteller weitere Anpassungen vor. „Während des Refurbishments können wir bereits darauf reagieren, welche Konfiguration der nächste Kunde benötigt“, sagt Patricia Gehrlein.

Schwieriger als die Aufbereitung gestaltet sich oft der Wiederverkauf

Wenn das Medizingerät die Fertigung wieder verlässt, ist es so gut wie neu. Auch die Gewährleistung entspricht in der Regel derer von Neugeräten. Dennoch ist der folgende Verkauf nicht immer ganz einfach. Denn wie mit gebrauchter Medizintechnik umgegangen wird, ist international nicht einheitlich geregelt. „Das Inverkehrbringen von aufbereiteten Medizingeräten unterliegt den gesetzlichen Bestimmungen des Landes im neuen Einsatzort“, so die DKE. In der Europäischen Union ist der Einsatz durch die Medizinprodukteverordnung von 2017 geregelt, in Deutschland spielt das Medizinprodukte-Durchführungsgesetz eine wichtige Rolle. In der Praxis muss der Aufbereiter bei nationalen Stellen Konformitätserklärungen abgeben, die dann auch prüfen, ob die gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind. Was für die EU gilt, ist aber international nicht eindeutig gelöst. „Wir dürfen aufgearbeitete Medizintechnikgeräte nicht in jedes Land der Welt verkaufen“, sagt Siemens Healthineers-Mitarbeiterin Patricia Gehrlein mit Blick auf die strikten Regeln für aufgearbeitete Elektrogeräte beispielsweise in China. Die DKE sieht aus diesem Grund die Notwendigkeit, einheitliche Regeln in der EU und weltweit zu schaffen. Und es gelte, am Ball zu bleiben: „Vor dem Hintergrund einer dynamischen Marktentwicklung erscheint es sinnvoll, die bestehenden gesetzlichen EU-Regelungen zu überprüfen, Lücken zu identifizieren und diese zu schließen.“

Julian Hörndlein ist freiberuflicher Technik-Journalist in Nürnberg.

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