In vielen Disziplinen wäre man hierzulande gerne Vorreiter. In dieser ist man es tatsächlich: „Deutschland nimmt im Bereich der Teilchenbeschleuniger weltweit wirklich eine führende Rolle ein“, sagt Dr. Arik Willner. Er muss es wissen: Der Physiker ist CTO des Deutschen Elektronen-Synchrotrons DESY, das in Hamburg und in Zeuthen am südöstlichen Stadtrand von Berlin Teilchenbeschleuniger betreibt und ihre Wirkweise erforscht. Ein Synchrotron ist eine vor allem früher verwendete Bauart eines Kreisbeschleunigers, wie man ihn von der Forschungseinrichtung CERN in Genf (vielleicht aus dem Roman „Illuminati“ von Dan Brown) kennt. Auch der erste Beschleuniger von DESY war ein Synchrotron. Heute gibt es verschiedene Typen von Kreisbeschleunigern, man nennt sie nun Speicherringe. Doch das Grundprinzip bleibt gleich: Beschleunigt werden können geladene Teilchen wie Elektronen. Diese werden zur Beschleunigung über starke elektromagnetische Wellen geschickt. Am Ende werden die Elektronen dann über als Undulatoren bezeichnete Magnetstrukturen geleitet, in denen Röntgenlicht entsteht. Dieses brillante Röntgenlicht nutzen Forschende, um Experimente durchzuführen. „Das hat natürlich unglaubliches Potenzial für sehr viele Forschungsdisziplinen“, stimmt auch Prof. Dr. Wim Leemans, Direktor des Beschleunigerbereichs bei DESY, zu.
27.000 Laserblitze pro Sekunde
Wenn besonders helles, laserartiges Röntgenlicht benötigt wird, nutzen Wissenschaftler Linearbeschleuniger, die die Elektronen in einer geraden Linie in Richtung der Undulatoren schießen. Auf dem DESY-Gelände befindet sich der Startpunkt für den 3,4 Kilometer langen Röntgenlaser European XFEL, der extrem intensive Röntgenlaserblitze für die Verwendung in Wissenschaft und Industrie erzeugt. 27.000 pro Sekunde sind das an der Zahl. Der XFEL verläuft in einer geraden Linie vom DESY-Campus in Hamburg-Bahrenfeld bis in den Forschungscampus in Schenefeld. Dabei unterquert er Wohnhäuser, Straßen und Sportplätze. Am Ende der Anlage können Forschende aus aller Welt eine Leuchtstärke nutzen, die milliardenfach höher ist als die, die man aus der Strahlentherapie oder der Diagnostik im Krankenhaus kennt.