Prof. Dr. Amelie Hagelauer
Hans-Jürgen Schmitz, Martin Wolczyk / Adobe Firefly (Composing)
01.01.2024 VDE dialog

„Im Dienste der Innovation“

Hidden Electronics: Wie die VDE/VDI-Gesellschaft Mikroelektronik, Mikrosystem- und Feinwerktechnik und ihre Arbeit sichtbar werden, obwohl sie sich mit winzig kleinen Bauteilen beschäftigt, erklärt die stellvertretende Vorsitzende, Prof. Dr. Amelie Hagelauer. Denn ohne Chips läuft nichts!

Was ist die GMM?

Die GMM ist eine Fachgesellschaft, die gemeinsam von VDE und VDI getragen wird und sich um die Themen Mikroelektronik, Mikrosysteme und Feinwerktechnik kümmert. Wir sind eine Community von Expertinnen und Experten, die für Zusammenarbeit und internationale Vernetzung im Dienste der Innovation stehen.

Wie kam es zur Gründung der GMM?

Die GMM gibt es erst seit 1996. Die beiden Vorgänger, die Gesellschaft  Mikroelektronik und vor allem die Gesellschaft  Mikro- und Feinwerktechnik, gibt es aber schon deutlich länger. Solche Namen sind natürlich auch immer Kinder ihrer Zeit: In den 1990er-Jahren war eben Mikrosystemtechnik das heiße Thema. Heute würde ich sagen, dass all diese Sachen schon sehr verschmolzen sind. Das meiste lässt sich ganz gut unter der Überschrift Mikroelektronik zusammenfassen.

Prof. Dr. Amelie Hagelauer im Videointerview

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VDE
18.12.2023 Video

»Studiert Elektrotechnik, Mikroelektronik, Mikrosystemtechnik! Die Welt steht euch danach offen!«

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Wofür steht Ihre Fachgesellschaft?

Wir haben in der Vergangenheit viel dafür gemacht, das Thema Mikroelektronik in der Gesellschaft und in der Politik verständlich zu machen – mit Veranstaltungen, Broschüren, Strategiepapieren und so weiter. Zu nennen sind hier vor allem die Positionspapiere zu „Hidden Electronics“, die wir zusammen mit der VDE Fachgesellschaft ITG herausgebracht haben. Wir können uns sicherlich zugutehalten, dass Mikroelektronik heute in der Politik eine so hohe Anerkennung findet – was sich nicht zuletzt in milliardenschweren Förderprogrammen widerspiegelt. Natürlich wäre es vermessen zu sagen, dass wir für den European Chips Act allein verantwortlich wären. Aber ich denke durchaus, dass wir maßgeblich mitgewirkt haben, dass dieses Maßnahmenpaket von der Europäischen Kommission geschnürt wurde. Ziel ist, die Versorgungsschwierigkeiten bei Halbleitern zu bewältigen und deren Produktion in Europa zu erhöhen.

Aber kommt das nicht alles viel zu spät?

In der Corona-Krise wurde uns allen vor Augen geführt, wie abhängig wir vom Weltmarkt sind. Da stand hier teilweise die Autoindustrie über längere Zeit still, nur weil einzelne Chips aus Fernost nicht lieferbar waren. Vor solchen Szenarien haben wir bereits früh gewarnt. Und richtig ist natürlich: All das hätte verhindert werden können, wenn wir als Land und Volkswirtschaft das etwas ernster genommen und schneller reagiert hätten.

Welche Themen stehen heute für die GMM vor allem auf der Agenda?

Vor allem geht es uns als GMM sicherlich um technologische Souveränität und um Versorgungssicherheit. „Invented in Germany“ ist schön und gut und muss auch sicherlich noch weiter ausgebaut werden. Aber daneben ist auch „Made in Germany“ wichtig – bzw.  „Made in Europe“.

Darüber hinaus geht es uns wie der gesamten Branche natürlich auch um all die anderen Themen unserer Zeit: Wir müssen die Energiewende schaffen. Wir müssen auf E-Mobility umstellen. Wir müssen die digitale Transformation umsetzen und uns der Herausforderung Künstlicher Intelligenz stellen. All das und noch viel mehr sind Anwendungsgebiete der Mikroelektronik.

Wäre da nicht der Fachkräftemangel. Oder?

Der fehlende Nachwuchs ist sicherlich das größte Problem für die gesamte Branche. Wir brauchen für die anstehenden Herausforderungen immer mehr Fachleute in der Elektrotechnik im Allgemeinen und der Mikroelektronik im Besonderen. Doch stattdessen gehen die Studierendenzahlen immer weiter zurück. Dagegen müssen wir etwas unternehmen und die jungen Menschen wieder mehr an technologische Themen heranführen.

Wie lautet Ihr Appell an junge Menschen?

Studiert Elektrotechnik, Mikroelektronik, Mikrosystemtechnik! Oder auch Mechatronik – was ich damals gemacht habe. Die Möglichkeiten, die ein solches Studium bietet, sind riesig. Und noch viel riesiger sind die Möglichkeiten, die euch nach erfolgreichem Abschluss geboten werden. Die Welt steht euch danach offen! Und vor allem: Ihr könnt diese Welt – eure Zukunft – dann auch aktiv mitgestalten!

Die GMM ist eine von fünf Fachorganisationen unter dem Dach des VDE. Was spricht aus Ihrer Sicht für diese Konstruktion?

Auf der einen Seite bringen die Fachgesellschaften viel Expertise und wissenschaftlichen Sachverstand in den VDE ein. Damit verbunden ist natürlich auch die Reputation jedes einzelnen Wissenschaftlers, der sich für eine Fachgesellschaft engagiert. Und nicht zu vergessen: auch die Reputation jeder einzelnen Wissenschaftlerin! Auf der anderen Seite: Wir profitieren als einzelne Fachgesellschaft natürlich auch sehr von dem Dach VDE. Schon allein, weil sich darunter noch andere Fachgesellschaften befinden, mit denen wir teilweise sehr eng kooperieren.

Das heißt, für Sie ist der Austausch mit den anderen Fachgesellschaften zentral?

Mikroelektronik an sich ist ja kein Selbstzweck. Sie dient immer einer Lösung in der entsprechenden Anwendung. Und für diese Anwendungen stehen die anderen Fachgesellschaften, etwa die ITG, die ETG oder auch die DGBMT. Von daher ist der Austausch und damit die Befruchtung untereinander in der Tat ganz zentral. Wir hängen also letzten Endes von den Anwendungen der anderen ab, sind dafür aber auch die Möglichmacher – die „Enabler“ – für sie.

Der VDE möchte – so lautet der Slogan – die e-diale Zukunft gestalten. Welche Rolle könnte hier die GMM spielen?

Eine e-diale Zukunft ohne Mikroelektronik gibt es nicht. Denn unsere Chips mögen winzig klein sein, ihre Bedeutung ist aber riesig groß. Das mussten wir in der Vergangenheit bereits merken, als es während der Corona-Krise Lieferengpässe gab. Und für eine Zukunft in einer „All Electric Society“ gilt das natürlich umso mehr.

Die Fragen stellte Martin Schmitz-Kuhl


Prof. Dr. Amelie Hagelauer ist seit 2021 Institutsleiterin des Fraunhofer EMFT in München sowie Leiterin des Lehrstuhls für Mikro- und Nanosystemtechnik an der Technischen Universität München. Seit Anfang 2023 ist sie zudem stellvertretende Vorsitzende der GMM.

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