Eine Touristin mit einem Rucksack oder eine Studentin, die auf das Brandenburger Tor in Berlin in Deutschland schaut.
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01.01.2024 VDE dialog

Debatte: Potenzial nutzen!

Bei allen Bemühungen, dem Fachkräftemangel zu begegnen, wird eine große Gruppe mit enormen Möglichkeiten sträflich vernachlässigt: Internationale Studierende kommen gerne nach Deutschland, viele von ihnen entscheiden sich für Ingenieursfächer. Doch Hochschulen und Unternehmen müssen mehr tun, um sie hierzulande willkommen zu heißen und zu unterstützen.

Von Dr. Kai Sicks

Porträtfoto von Dr. Kai Sicks, Generalsekretär des Deutschen Akademischen Austauschdienstes

Dr. Kai Sicks ist Generalsekretär des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD), der weltweit größten Förderorganisation für den internationalen Austausch von Studierenden und Wissenschaftlern.

| DAAD / Wilke

Der Fachkräftemangel in Deutschland ist in aller Munde und betrifft nahezu alle Branchen, besonders aber auch Stellen im MINT-Bereich. Eine vielversprechende Lösung zur Schließung dieser Lücke bietet der Blick auf die deutschen Hochschulen und ihre internationalen Studierenden. Bereits heute studiert fast die Hälfte von ihnen ingenieurwissenschaftliche Fächer, während von deutschen Abiturienten weniger als jeder fünfte diesen Weg einschlägt.

Die Bundesrepublik und ihre Hochschulen sind dabei für internationale Studierende äußerst attraktiv, rund 370.000 junge Menschen aus aller Welt sind derzeit eingeschrieben. Auch die Integration in den deutschen Arbeitsmarkt funktioniert an vielen Stellen bereits gut: Aktuelle OECD-Zahlen zeigen, dass 45 Prozent der ausländischen Studierenden auch zehn Jahre nach ihrem Abschluss noch in Deutschland tätig sind – ähnlich hoch ist die Quote nur in Kanada. Internationale Absolvent:innen stellen also bereits heute eine wichtige Gruppe bei der Fachkräftegewinnung für die deutsche Industrie und Wirtschaft dar.

Zugleich ist das bislang ungenutzte Potenzial beträchtlich: Der DAAD prognostiziert, dass bis 2030 die Zahl der internationalen Studierenden, die dem deutschen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, verdoppelt werden könnte. Dafür bedarf es gemeinsamer Anstrengungen von Hochschulen, Wirtschaft und Gesellschaft. Ein zentraler Faktor ist die Sprache: Es werden mehr attraktive Studienangebote auf Englisch benötigt, insbesondere im grundständigen Bachelor-Bereich. Zudem benötigen internationale Studierende mehr Anreize und Unterstützung, um parallel zum Studium die deutsche Sprache bestmöglich zu erlernen. Eine gezielte Betreuung während des Studiums ist ebenfalls erforderlich, um die Abschlussquote internationaler Studierender zu erhöhen. Ab dem kommenden Jahr unterstützt der DAAD deutsche Hochschulen mit der Fachkräfte-Initiative, um in diesen Bereichen aktiv zu werden.

Auch Unternehmen in Deutschland können einen Beitrag leisten, indem sie für internationale Studierende einfache Wege hin zu Praktikumsplätzen schaffen und für Berufsanfänger:innen eine umfängliche Einführung ins deutsche Arbeitsleben bieten. Die Etablierung einer inklusiven Willkommenskultur ist dabei von entscheidender Bedeutung. Zudem sollten Unternehmen verstärkt Partnerschaften mit Hochschulen eingehen, um das Potenzial international ausgerichteter Studiengänge besser zu nutzen und somit zur eigenen Fachkräftegewinnung beizutragen.

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