Solarstrom selbst zu erzeugen, geht leicht. Ein Steckersolar-Set aus dem Internet oder dem Baumarkt kostet nur wenige hundert Euro. Je nach Montageart sind manche Systeme in weniger als einer Stunde aufgebaut. Einfach die Module auf dem mitgelieferten Montagesystem in der Sonne positionieren, ein paar Steckverbinder zusammenklicken, Stecker in die Dose – fertig. Angesichts der hohen Strompreise und der Mehrwertsteuerbefreiung für Photovoltaik-Produkte verkauften sich die Mini-PV-Systeme zuletzt so gut wie nie. Die genauen Zahlen sind schwer zu greifen. Im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur fanden sich bei Redaktionsschluss knapp 400.000 PV-Anlagen mit vier oder weniger Modulen, bei denen es sich zu einem Großteil um Steckersolargeräte handeln dürfte. Doch obwohl die Anmeldung rechtlich verpflichtend ist und sogar ein Bußgeld droht, wenn man es versäumt, produzieren viele der Steckersolarbetreiber ihren Strom weiterhin im Guerilla-Modus. Christian Ofenheusle von EmpowerSource, der die Entwicklung der Steckersolargeräte seit Jahren verfolgt, schätzt, dass im Sommer 2023 rund 1,5 Millionen Geräte in Deutschland am Netz waren. Grundlage dafür seien Gespräche mit den führenden Anbietern, erklärt er.
Erste Norm für Einspeisung in Endstromkreis
Durch ihre schiere Zahl sind die Steckersolargeräte zu einer Normalität geworden. Doch die Gewöhnung schafft noch keine sicheren Produkte. Mit den Steckersolarsystemen nehmen technische Laien immerhin auf eigene Faust ein Gerät in Betrieb, das Strom in einen Endstromkreis speist, der dafür weder konzipiert noch eigens abgesichert ist. Wie der Strom sicher in die Dose kommt, wurde daher 2016 erstmals in einer Novelle der Errichtungsnorm für Niederspannungsanlagen DIN VDE V 0100-551-1 (VDE V 0100-551-1) beschrieben. Ein Knackpunkt war dabei die Steckvorrichtung. Diese muss laut der Niederspannungsnorm die Nutzer davor schützen, einen elektrischen Schlag an den Kontaktstiften zu bekommen. Neben einem festen Anschluss sah die Norm dafür eine spezielle Energiesteckdose vor. Der Netz- und Anlagenschutz im Wechselrichter, der die Einspeisung stoppt, sobald er kein Frequenzsignal aus dem Netz mehr erhält, genügt hingegen nicht den grundlegenden Sicherheitsnormen zum Schutz vor elektrischem Schlag.
Eine zweite Neuerung aus jener Zeit war, dass auch elektrotechnische Laien die Anlagen bis zu einer Leistung von 600 Watt selbst beim Netzbetreiber anmelden durften. Für die Mini-PV-Systeme war die Novelle der Niederspannungsnorm ein Meilenstein, da das Einspeisen darin erstmals überhaupt normativ geregelt war. Da eine Norm keine Gesetzeskraft hat und es insbesondere in Einfamilienhäusern kaum Möglichkeiten gibt, das Einspeisen über einen Schutzkontaktstecker zu verhindern, ignorierten viele Steckersolar-Betreiber diesen Teil des Regelwerks.
Praxisnahes Siegel gefordert
Der VDE wollte diesen wenig zufriedenstellenden Zustand ändern und plädierte in einem Positionspapier Anfang 2023 für Vereinfachungen in verschiedenen Normen. Dazu sollte auch eine sichere Lösung gehören, um die Geräte an Schutzkontakt-Steckdosen anzuschließen. Wie das Steckersolarsystem aussah und ob Gebrauchsanleitung und Sicherheitshinweise beilagen, blieb bisher allerdings weitgehend den Herstellern überlassen.