Die Elektromobilität massentauglich machen
Mit ähnlichen Startbedingungen wie Bosch geht Vitesco in das Rennen um die E-Mobilität. Der Zulieferer, 2019 aus der Antriebssparte des Continental-Konzerns entstanden, investiert nach eigenen Angaben seit 2006 in die E-Mobilität und kann 80 Prozent der Komponenten, die in elektrifizierten Fahrzeugen benötigt werden, aus eigener Fertigung liefern. Dazu zählen Inverter, elektrische Achsantriebe, Batteriemanagement, Controller, DC/DC-Converter, On-Board-Ladegeräte und Thermomanagement-Komponenten. "Der Wandel zur Elektromobilität ist in vollem Gange. In zehn bis fünfzehn Jahren wird es kaum noch Neufahrzeuge mit reinem Verbrennungsmotor in den Kernmärkten geben. Wir haben unsere strategischen Weichen ganz klar Richtung Elektromobilität gestellt, das heißt, wir investieren in unsere wachstumsstarken Elektrifizierungskomponenten und fahren unsere Investitionen in Nicht-Kern-Technologien schrittweise nach unten", so Thomas Stierle, Leiter der Bereiche Electrification Technology und Electronic Controls bei Vitesco Technologies.
Der Entwicklungstrend geht dabei mit Blick auf Effizienz und Kosten immer mehr zu globalen, modularen und skalierbaren Plattformen, einer zunehmenden Integration von Komponenten und Funktionen sowie einer wachsenden Standardisierung – gerade auch in der Fertigung. "Nur so können wir kundenspezifische Lösungen anbieten, gleichzeitig Systemkosten reduzieren und damit die Elektromobilität massentauglich machen", sagt Stierle. Das Beschäftigungsniveau soll weltweit betrachtet gehalten und mit dem Wachstum im Elektromobilitätsbereich eher noch ausgebaut werden. Das Unternehmen setzt dabei auf eine transparente Kommunikation und Weiter- oder Umqualifizierungen, mit denen die Mitarbeiter auf die Transformation vorbereitet werden.
Kolbenhersteller im Wandel
Besonders herausfordernd ist die Lage für Zulieferer, die sich in der Vergangenheit auf Komponenten und Systeme für den Verbrennungsmotor wie beispielsweise Kolben, Zylinder und Ventilsteuerungen konzentriert haben. Geschäftsfelder für E-Antriebe müssen oftmals erst erschlossen werden, der Aufbau des erforderlichen Know-how kostet Zeit und Geld. Ein Beispiel ist MAHLE. Seit 1920 stellt das Unternehmen Bauteile wie Kolben für Benzin- und Dieselmotoren her und hat sich dabei weltweit einen hervorragenden Ruf erarbeitet. Viele Jahre galten die Stuttgarter als Musterzulieferer der Automobilindustrie, doch der Erfolgsmotor des Unternehmens ist durch die Verlagerung zur E-Mobilität ins Stottern geraten. Im Bereich der Verbrennungsmotoren plant MAHLE, so lange aktiv zu sein, wie die Nachfrage auf den internationalen Märkten besteht. Ansatzpunkt ist dabei die Entwicklung von Produkten, die auch mit E-Fuels und Wasserstoff betrieben werden können. "Auch wenn der Anteil an klassischen Antrieben zurückgehen wird, steigen die Anforderungen an diese Produkte weiter, wenn es um die Verringerung des CO2-Ausstoßes, die Verbesserung des Wirkungsgrads sowie regulatorische Auflagen – Stichwort Abgasnorm Euro 7 – geht. Deshalb werden wir auch in diesem Segment mit hochmodernen Produkten den Effizienzfortschritt vorantreiben", so Dr. Martin Berger, Leiter der Konzernforschung und Vorausentwicklung bei MAHLE.
Die Zukunft des Unternehmens liegt jedoch im Bereich der Elektromobilität. MAHLE hat den Weg in diese Richtung schon vor einigen Jahren eingeschlagen, beispielsweise durch Gründung eines eigenen Geschäftsbereichs für Elektronik und Mechatronik, Verlagerung der Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen auf die Segmente Elektromobilität und Wasserstoffanwendungen sowie durch die Integration der Thermomanagementsparte des Klimagerätherstellers Behr. Eines der aktuellen Zugpferde im Produktprogramm ist ein innovativer E-Motor, der dauerhaft mit über 90 Prozent seiner Spitzenleistung betrieben werden kann. Stück für Stück hat sich MAHLE so zu einem Vollsortiment-Anbieter im Bereich elektrischer Antriebe entwickelt und verringert die Bindung an traditionelle Geschäftsfelder. Nach eigenen Angaben erwirtschaftet das Unternehmen aktuell bereits über 60 Prozent seines Umsatzes unabhängig vom Pkw-Verbrennungsmotor, 2030 sollen es 75 Prozent sein.