Stromverbrauch an die Verfügbarkeit anpassen
Wenn in den nächsten Jahren zunehmend mehr schwankende Strommengen aus Wind- und Sonnenenergie in die Netze eingespeist werden, während fossile Kraftwerke wegfallen, müssen Wirtschaft, Industrie und Verbraucher nicht nur verantwortlich haushalten – Stromnachfrage und -angebot müssen auch besser aufeinander abgestimmt werden. Technologische Lösungen für Privathaushalte haben Anbieter wie zum Beispiel Easy Smart Grid. Das Unternehmen hat eine Technologie entwickelt, die aus dem Zustand des Netzes erkennt, ob viel oder wenig Strom da ist. Die Idee: „Durch dynamische Preise, die dem Stromangebot entsprechen, lässt sich das Verbrauchsverhalten steuern“, so Solution Manager Stefan Werner. Dazu brauche man keine komplizierten digitalen und internetbasierten Lösungen. Schon minimale Schwankungen in der Netzfrequenz um die 50 Hertz ließen sich als Preissignale darstellen. „Ist die Frequenz etwas höher als 50 Hertz, wird Strom günstiger, ist sie niedriger, wird er teurer“, so Werner. Das große Aber: Dazu braucht es flächendeckend dynamische Strompreise, die erst nach und nach eingeführt werden. Und ob das Verfahren unterm Strich zu einer Ersparnis führt, ist nicht klar.
Technologien nutzen, Infrastruktur anpassen
Ein weiterer Ansatz von Easy Smart Grid: Ein kostengünstiger kleiner Chip in Verbrauchsgeräten sorgt dafür, dass diese selbstständig und sekundengenau auf Stromschwankungen reagieren. Auch Batterie-, Wärme- oder Druckspeicher lassen sich einbinden. Auf diese Weise können Erzeugung und Verbrauch von Ökostrom innerhalb eines begrenzten kommunalen oder regionalen Marktes austariert werden. In einem Pilotprojekt im baden-württembergischen Allensbach läuft das System bereits in einem Neubaugebiet mit zwölf Doppelhaushälften, zwei Mehrfamilienhäusern und einem Bestandsgebäude. Hier sind jetzt die Solardächer, ein Blockheizkraftwerk, zwölf Wärmepumpen, Ladestationen für Elektrofahrzeuge und ein Batteriespeicher intelligent mit den Haushaltsgeräten vernetzt. Der Eigenverbrauch aus Photovoltaikanlagen und Blockheizkraftwerk soll 50 bis 80 Prozent des Stromverbrauchs der Bewohner abdecken. Macht dieses Beispiel flächendeckend Schule, würde das Stromnetz damit erheblich entlastet.
Der Vorsitzende des Expertenrates für Klimafragen Henning mahnt: „Wenn wir die ambitionierten Ziele erreichen wollen, müssen wir den Verbrauchsbereich, den Nachfragebereich, in den Blick nehmen.“ Das heißt, den Konsum sowohl von Ressourcen als auch von Gütern zu reduzieren. Eine wachsende Wirtschaft, die die nicht nachwachsenden Ressourcen der Erde übernutzt, lässt sich nicht allein technisch in den Griff bekommen, und die Schuld an ungünstigem Konsumverhalten lässt sich nicht nur auf die Bürger abwälzen. „Zu den Konsumentscheidungen tragen viele Faktoren jenseits der individuellen Vorlieben bei. Infrastrukturen beeinflussen, wie viel Wohnfläche beansprucht wird oder welche Verkehrsmittel genutzt werden“, so das Wuppertal Institut, ein Thinktank für anwendungsorientierte Nachhaltigkeitsforschung.
Das Vorhaben bleibt komplex. Der Wille ist vielerorts da. Viele technologischen Instrumente, um Energie zu sparen und so entscheidend zum Gelingen der Energiewende beizutragen, gibt es schon. Es wird Zeit, sie zu nutzen.
HANNS-J. NEUBERT ist freier Wissenschafts- und Technikjournalist in Hamburg.