Illustration verschiedener medizintechnischer Apparate wie Mikroskop, Monitor, Pulsuhr, Spritzen und Arztkoffer.LinksDNA-Leiter.
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17.09.2021 Publikation

Health up

Digital Health ist ein schnell wachsender Sektor, der aus einer Vielzahl ganz unterschiedlicher spezialisierter Nischen besteht. VDE dialog stellt einige aufstrebende Start-ups vor – die alle gerade erst „frisch geschlüpft“ sind.

von Martin Schmitz-Kuhl

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Mit digitaler Prozesskette zur Prothese

PerAGraft

Patienten mit Aortenaneurysma – einer lebensbedrohlichen Erweiterung der Hauptschlagader – benötigen schnell einen sogenannten Stentgraft, eine minimalinvasiv eingebrachte Prothese. Allein mit der Schnelligkeit ist das so eine Sache, die Anfertigung einer solchen maßgeschneiderten Prothese dauert gerne einmal mehrere Wochen. PerAGraft möchte dies ändern – durch eine durchgängig digitale Prozesskette und ein innovatives textiles Herstellungsverfahren. Dafür haben Dr. Valentine Gesché und ihr Team bereits einige Preise bekommen. Bis das Produkt auf dem Markt ist, werden trotzdem noch rund drei Jahre vergehen. Denn wenn es darum geht, hierzulande ein Medizinprodukt auf den Markt zu bringen, ist es dank der „regulatorischen Anforderungen“, so Gesché, mit der Schnelligkeit eben auch so eine Sache.

Intensivmedizin mit KI-Support

Clinomic

Das MedTech-Start-up aus Aachen, ein Spin-off der Uniklinik RWTH, hat ein sprachgesteuertes Assistenzsystem mit dem Namen „Mona“ entwickelt, kurz für Medical On-Site Assistant. Obwohl das Unternehmen erst drei Jahre als ist, hat es bereits mehr als 50 Mitarbeiter und das System wird schon in rund 40 Krankenhäusern in acht Ländern implementiert. Der Grund für das rasche Wachstum? „Mona ist der Schlüssel für eine kostenkontrollierte, evidenzbasierte und datengesteuerte Intensivmedizin und bringt intensivmedizinische Fachexpertise an jedes Krankenbett“, schwärmen die beiden Gründer Lukas Martin und Arne Peine, die beide selbst Intensivmediziner sind. Mithilfe Künstlicher Intelligenz sollen Ärzte und medizinisches Personal in ihren Entscheidungen unterstützt und entlastet werden, indem sie schneller und effizienter die benötigten Informationen zur Verfügung gestellt bekommen.

Virtuelle Chirurgie mit Schablone

OtoJig

Der Name des Start-ups leitet sich aus den Begriffen Otologie (Erforschung des Aufbaus und der Funktion des Ohrs) und Jig (Bohrschablone) ab. Das Unternehmen – eine Ausgründung aus der Medizinischen Hochschule Hannover – entwickelt nämlich ein minimal-invasives Operationsverfahren für elektronische Hörprothesen, sogenannte Cochlea-Implantationen. Eine Planungssoftware soll den Ärzten in einer Art virtuellen Chirurgie ermöglichen, den Eingriff komplett vorwegzuplanen. Die intraoperative Umsetzung erfolgt dann durch Führung in einer knochenverankerten Bohrschablone. Derzeit wird das System in einer Feasibility-Studie an Patienten in Hannover erprobt. Im kommenden Jahr ist die Validierungsstudie geplant. „Der Weg zum Medizinprodukt ist gerade für Start-ups ein langer Weg mit vielen Hürden“, klagt Gründer Samuel John.

Smarte Diagnostik in der Radiologie

deepc

Ein Start-up mit Vision: Menschen weltweit unmittelbaren Zugang zu präziser und sicherer Diagnostik zu ermöglichen. Vorschusslorbeeren hat das Münchener Unternehmen dafür bereits genug bekommen – unter anderem 2020 den Gründerpreis des Bundeswirtschaftsministeriums. Doch tatsächlich wurde Anfang des Jahres das erste vielversprechende Produkt europaweit gelauncht: Mit dem Betriebssystem deepcOS wird eine neuartige KI-Plattform angeboten, auf der ausgewählte und CE-gekennzeichnete KI-Lösungen verschiedener Partner für die radiologische Diagnostik von Kliniken und Praxen verfügbar sind. Damit würde diese schneller und effizienter werden, zeigt sich das Unternehmen überzeugt. Zudem würden Fehlerquoten reduziert und damit die Sicherheit für Patienten erhöht werden. Dies sei auch bereits in aufwendigen klinischen Studien evaluiert worden.

Simulation statt Tierversuche

Virtonomy

Das Unternehmen entwickelt eine innovative, datenbankbasierte Software-as-a-Service-Lösung für Hersteller von medizintechnischen Produkten zur virtuellen Durchführung klinischer Studien. Diese sollen damit schneller und kostengünstiger ihre Produkte zur Marktreife bringen – indem erforderliche Tests oder Studien während der Entwicklung am Computer simuliert werden. Die Hersteller von Medizinprodukten – beispielsweise von Implantaten – können ihre Technologien mit Virtonomy in allen Entwicklungsphasen an einem virtuellen Patienten testen, beginnend mit der Konzeptphase über die präklinische Bewertung bis hin zur langfristigen Überwachung im breiten Einsatz am Patienten. Schöner Nebeneffekt: Auch ethisch fragwürdige Tier- und risikoreiche Humanversuche können sich so teilweise erübrigen, sagt Dr. Simon Sonntag, Gründer und CEO des Start-ups.

Digitale Lösungen für Herz-Patienten

Vantis

Das Münchener Start-up wurde mit dem Ziel gegründet, eine digitale Lösung für kardiovaskuläre Erkrankungen auf den Markt zu bringen. Dahinter steckt die Erkenntnis, so Gründer Till Jansen, dass eine punktuelle Betrachtung des Gesundheitszustandes eines Herz-Kreislauf-Patienten, wie es Ärzte in der Regel nur leisten können, nicht ausreicht. In Zusammenarbeit mit dem Herzzentrum Bonn entwickelte man daher als erstes Produkt ein App-basiertes Programm mit speziell integriertem Blutdruckmessgerät und Pulsuhr. Dieses ist als Medizinprodukt zertifiziert, soll höchsten Datenschutzanforderungen entsprechen und eine digitale Therapie von zu Hause ermöglichen. Mithilfe von intelligenten Datenanalyse-Tools sollen in einem nächsten Schritt die Werte für den Nutzer optimiert ausgewertet und darauf basierende Empfehlungen gegeben werden können. Auch die Anbindung von Kardiologen im Bedarfsfall ist geplant.