Diese Zahlen kommen natürlich nicht von ungefähr. Nirgendwo gibt es mehr Topkonzerne aus den Bereichen Fahrzeug- und Maschinenbau, Elektrotechnik sowie Software- und IT-Industrie als in München. Mit Siemens, Siemens Energy, Infineon, BMW, Linde und MTU hat die Stadt allein ein halbes Dutzend Technologiekonzerne, die im DAX gelistet sind. Hinzu kommen die großen IT-Konzerne aus den USA, die ihre hiesigen Niederlassungen fast ausnahmslos in oder in der Nähe von München haben – von Google und Microsoft bis AMD und Adobe. Und natürlich Apple! Das Unternehmen ist seit 40 Jahren in München präsent, 1981 hat es dort die erste Niederlassung gegründet. Damals startete das Unternehmen mit zehn Mitarbeitern, schon bald werden es fast 1500 sein. Denn der Konzern wird München zu seinem europäischen Zentrum für Chipdesign ausbauen und dafür in den kommenden drei Jahren über eine Milliarde Euro investieren.
Hinzu kommen weitere Milliarden aus der Staatskasse. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie entschied die bayerische Staatsregierung nämlich im September vergangenen Jahres, die 2019 beschlossene und ohnehin schon ehrgeizige Technologieoffensive „Hightech Agenda Bayern“ weiter aufzustocken. Nun sollen rund drei Milliarden Euro investiert werden, um den Forschungs- und Technologiestandort weiter auszubauen.
Und Berlin? Dessen Regierender Bürgermeister a. D. Klaus Wowereit sagte bekanntlich einmal, die Hauptstadt sei „arm, aber sexy“. Da ist durchaus etwas dran. So sind vor der Corona-Krise jährlich etwa 40.000 bis 50.000 Menschen nach Berlin gezogen. Lebendigkeit und Freiheit, Lifestyle und Kultur, Diversität und Internationalität: Das sind die Pfunde, mit denen die Hauptstadt gerade in der Kreativwirtschaft wuchern kann. Nicht umsonst haben mit Universal Music und Sony inzwischen zwei der drei weltweit umsatzstärksten Musikfirmen ihren Hauptsitz an der Spree. Doch nicht nur Kreative, sondern Fachkräfte und vor allem Gründer aus allen Bereichen zieht es dorthin. Mit rund 500 Start-up-Gründungen pro Jahr ist Berlin unangefochtene Start-up-Hauptstadt in Deutschland. Zum Vergleich: Hamburg, München und Frankfurt kamen 2019 auf kaum mehr als 500 Gründungen. Zusammen!
Im Zweikampf der Metropolen ist Bewegung
Gerade in den Bereichen E-Commerce ist Berlin stark. Nach Zahlen der Investitionsbank Berlin lassen sich rund 15 Prozent des Berliner Wirtschaftswachstums der vergangenen Jahre auf die Digitalwirtschaft zurückführen, bei einer jährlichen Wachstumsrate von mehr als 10 Prozent. 2018 hat die Branche rund 6,4 Milliarden Euro Bruttowertschöpfung erwirtschaftet, so das Kreditinstitut. Allein: Diese Zahlen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass Berlin zwar mit einer Nähe zur Macht punkten kann, die Nähe zur Industrie aber nun einmal fehlt. Das mag egal sein, wenn man eine Online-Bestellplattform für Essen entwickeln will – wie Delivery Hero, dem einzigen Tech-DAX-Konzern aus Berlin –, aber eben nicht, wenn man als Ingenieur oder auch als Gründer in der Elektrotechnik oder im Maschinen- und Fahrzeugbau arbeiten möchte. Deshalb war es zwar durchaus ein Triumph für Berlin, als Siemens Energy verkündete, mit der Zentrale von München in die Hauptstadt zu ziehen. Allerdings werden in der Nähe der Macht schlussendlich nur rund 150 der mehr als 90.000 Mitarbeiter arbeiten.
Dennoch ist Bewegung drin, im Zweikampf zwischen München und Berlin. Und die entscheidende Schützenhilfe bekommen die Berliner ausgerechnet aus dem Umland. Vor den Toren der Stadt in Grünheide entsteht nämlich gerade die Tesla Gigafactory Berlin-Brandenburg, in der schon sehr bald die ersten Model Y vom Band laufen sollen. Elon Musk verspricht eine Mitarbeiterzahl „im fünfstelligen Bereich“. Zum Vergleich: Im BMW-Stammwerk in München arbeiten rund 8000 Mitarbeiter.