Sie ist überall und bleibt dennoch meist im Verborgenen – Mikroelektronik bildet das Rückgrat der Digitalisierung, treibt Automatisierung, künstliche Intelligenz und moderne Industrieproduktion an. Ohne Chips fährt kein Auto, fliegt kein Flugzeug, kommuniziert kein Satellit. Mikroelektronik steckt tief im Inneren von Geräten, Maschinen und Systemen. Doch sichtbar wird sie oft erst, wenn sie fehlt, etwa in Form leerer Produktionslinien, unterbrochener Lieferketten oder ausverkaufter Produkte. Der VDE fasst dieses Phänomen seit Jahren unter dem Begriff „Hidden Electronics“ zusammen, als Symbol für die weitgehend unsichtbare, aber unverzichtbare Rolle der Mikroelektronik in unserer Wirtschaft und Gesellschaft.
Deren strategische Bedeutung sichtbar zu machen, ist auch das Ziel einer Positionspapier-Reihe, die der VDE gemeinsam mit seinen für Mikroelektronik und Informationstechnik zuständigen Fachgesellschaften, GMM und ITG, ins Leben gerufen hat. Im Jahr 2014 erschien mit „Hidden Electronics“ das erste dieser Papiere. „Es war ein Weckruf an Politik und Wirtschaft, die Mikroelektronik als Schlüsseltechnologie zu begreifen“, erinnert sich GMM-Geschäftsführer Dr. Ronald Schnabel. Das Papier habe bereits zu einem frühen Zeitpunkt betont, dass sich ohne eigene Kompetenzen in Entwurf, Fertigung und Anwendung mikroelektronischer Systeme keine nachhaltige Innovationsfähigkeit entwickeln lasse. Und es forderte auch schon damals gezielte Investitionen und staatliche Förderung.
2020 folgte „Hidden Electronics II“ mit einer Bestandsaufnahme der Lage in Europa. Es stellte fest: Europa hat den Anschluss an die Weltspitze in der Logik- und Speicherfertigung verloren, während es in Asien und den USA massive industriepolitische Programme gibt. In seiner Analyse forderte das Papier eine europäische Technologiestrategie sowie den Ausbau eigener Fertigungskapazitäten, um technologische Abhängigkeiten zu reduzieren. Das bereits ein Jahr später veröffentlichte „Hidden Electronics III“ schließlich konkretisierte die Forderungen und wurde deutlicher: Es benannte zentrale Anwendungsfelder wie Vehicle Computing, Edge Computing und Open-Source-Hardware, etwa auf Basis der RISC-V-Architektur. Es ging um ein gezieltes industriepolitisches Handeln. Und es ging um einen europäischen Masterplan für Mikroelektronik.
Dresden ist heute Europas größter Halbleiterstandort. Seit Siemens 1996 die erste Chipfabrik errichtete, haben sich hier Unternehmen wie Bosch, Infineon und GlobalFoundries angesiedelt. Über 30.000 Jobs sind im „Silicon Saxony“ direkt durch Mikroelektronik entstanden.
| Infineon Technologies AG